1. Startseite
  2. Politik

Scholz im Abseits? Klingbeil springt Kanzler zur Seite

Erstellt:

Von: Andreas Schmid

Kommentare

SPD-Chef Lars Klingbeil und sein Kanzler Olaf Scholz (l).
Stehen aktuell eng beisammen: SPD-Chef Lars Klingbeil und sein Kanzler Olaf Scholz (l). © Florian Gaertner/Imago Images

Nur ein halbes Jahr im Amt, steht Kanzler Scholz vor einer schweren Krise. Wie er den Ukraine-Krieg regelt, gefällt nicht allen. SPD-Chef Klingbeil aber schon.

Berlin – Olaf Scholz sieht sich derzeit mit erheblicher Kritik konfrontiert. Opposition wie Koalition missfällt die Politik des Bundeskanzlers, vor allem mit Blick auf Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg. Einer aktuellen Spiegel-Umfrage zufolge halten Scholz fast zwei Drittel der Deutschen nicht für führungsstark.

Scholz‘ SPD scheint aktuell unsicher, ob und – wenn ja – wie sie sich zum zögerlichen wie unklaren Waffenlieferungskurs des Regierungschefs positionieren soll. Die Sozialdemokraten stehen selbst in der Kritik wegen ihrer früheren Russland-Politik sowie den Aktionen ihrer SPD-Ministerpräsidenten Manuela Schleswig. Die SPD-Parteispitze gibt nun allerdings öffentlich den Kurs vor. Das Credo: Wir stehen zu Olaf Scholz.

SPD: Klinbeil verteidigt Scholz - „das erwarte ich von guter Führung“

Parteichef Lars Klingbeil zeigte sich „sehr froh darüber, dass wir einen Kanzler haben, der die Sachen durchdenkt und sich mit den internationalen Bündnispartnern eng abstimmt“, wie der SPD-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur sagte „Das erwarte ich von guter Führung: Keine Schnellschüsse, sondern durchdacht, entschieden und konsequent zu handeln und nicht jeden Tag die Meinung zu wechseln oder auf schöne Überschriften zu setzen.“

Schöne Überschriften gab es tatsächlich selten zuletzt. Eine Auswahl von Donnerstag (21.04.2022): „Scholz verwirrt, statt Antworten zu geben“ (Tagesschau), „Phrasen statt Führung“ (Spiegel), „Führung bestellt, nicht geliefert“ (Zeit). Klingbeil will das ebenso wenig überinterpretieren wie einzelne Stimmen aus der eigenen Ampelkoalition.

Scholz-Kritik: Klingbeil bügelt Ampel-Kritik als Einzelmeinungen ab

Mehrere Abgeordnete von Grünen und FDP hatten Scholz öffentlich kritisiert, darunter der frühere Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter oder die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Klingbeil sieht in diesen für seine Regierung unbequemen Äußerungen Einzelmeinungen. Die Geschlossenheit des Dreierbündnisses sei nach wie vor vorhanden. „Wir arbeiten in der Regierung und im Koalitionsausschuss eng zusammen und stehen gemeinsam hinter den Entscheidungen der Regierung.“

„Wenn es einzelne abweichende Meinungen in den Parteien gibt“, so Klingbeil, „dann muss sich da jede Parteiführung selbst darum kümmern.“ Man bewerte mögliche Waffenlieferungen stets neu. „Aber die Bundeswehr hat ihre Bestände jetzt weitgehend ausgeschöpft“ - auch, weil „die Bundeswehr in den vergangenen Jahren heruntergewirtschaftet worden ist.“ 

Klingbeil wies darauf hin, dass Deutschland stattdessen Lieferungen der deutschen Industrie an die Ukraine mit viel Geld finanziert und die Bereitstellung schwerer Waffen durch Partnerländer mit Ausbildung und Munition unterstützt. Er mahnte auch zur Besonnenheit: „Wir sind uns mit unseren Partnern einig, dass man die Schwelle zum Dritten Weltkrieg nicht überschreiten darf.“

SPD-Ärger rund um Ukraine-Krieg: Scholz-Rückendeckung, aber was ist mit Schwesig?

Zu den Differenzen innerhalb der SPD äußerte sich Klingbeil gelassen. Da wären allmählich beobachtbare Streitigkeiten um den eigenen Kurs: Vertreter des linken Parteiflügels haben sich gegen die Lieferung schwerer Waffen ausgesprochen, der Außenausschuss-Vorsitzende Michael Roth ist dafür. In einer Volkspartei mit knapp 400.000 Mitgliedern gebe es auch mal unterschiedliche Meinungen, sagte Klingbeil. „Aber am Ende sehe ich, dass es bei denen, die in der SPD Verantwortung tragen, ein hohes Maß an Geschlossenheit gibt.“

Zu diesen Menschen gehört auch Manuela Schleswig. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern gerät zusehends in die Kritik. Schwesig muss sich bohrenden Fragen wegen russlandpolitischer Verstrickungen rund um das Pipelineprojekt Nord Stream 2 stellen. Laut einer aktuellen Insa-Umfrage vom 22. April ist bundesweit jeder Zweite für einen Rücktritt. Klingbeil muss also neben Scholz eine weitere Personaldiskussion wegmoderieren. Bisher konzentriert er sich auf den Kanzler. Öffentliche Rückendeckung für Schwesig gab es bisher nicht. Die SPD-Spitze wird sich auf Scholz konzentrieren (müssen).

(as/dpa)

Auch interessant

Kommentare