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Ukraine-Krieg: Verbale Muskelspiele und echte Gefechte

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Von: Peter Rutkowski

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Ein zerstörter ukrainischer Radschützenpanzer in der belagerten Hafenstadt Mariupol. Foto: Maximilian Clarke/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ein zerstörter ukrainischer Radschützenpanzer in der belagerten Hafenstadt Mariupol. © dpa

Großbritannien hilft der Ukraine weiter militärisch und sendet 6000 Abwehrraketen im Krieg gegen Russland – und Premierminister Boris Johnson setzt einmal mehr zu einem Vergleich an.

Ein untrügliches Merkmal von Propaganda ist, dass sie stets zur psychologisch rechten Zeit kommt. Am Donnerstagmorgen verlautbarte das russische Oberkommando, man habe die „vollständige Kontrolle“ über die ostukrainische Stadt Isjum errungen. Diese Siegesmeldung erfolgte nach Tagen ohne Ende voller ukrainischer wie westlicher Einschätzungen, dass Russlands Invasionstruppen ihren logistischen Bogen katastrophal überspannt haben – und aus schierer Frustration über Kiews Widerstand zivile Ziel beschießen, ist ihnen doch die frühzeitige Siegesparade verwehrt geblieben. Logisch, dass Russland die Nachrichtenangebote der Suchmaschine Google jetzt blockt, weil dadurch angeblich „nicht authentische Information“ verbreitet werde.

Und zu viel Propaganda kann es im Sinne des Propagandisten auch nicht geben: Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau wurden in der Nacht zum Donnerstag mehr als 60 ukrainische Militäreinrichtungen beschossen. Dabei seien 13 Raketenabwehrsysteme zerstört worden. Seit Beginn des Kriegs vor 29 Tagen habe man demnach insgesamt 202 ukrainische Raketenabwehrsysteme, 257 Drohnen sowie mehr als 1500 Panzer und andere gepanzerte Kampffahrzeuge zerstört. Und wie das so ist bei Propaganda: Das kann stimmen. Es kann auch Fantasie sein.

Eine Zahl, auf die man sich an diesem Tag vorab erst mal verlassen konnte, war 6000. So viele Abwehrraketen – wahrscheinlich vom erfolgreichen Anti-Panzer-Typ „Javelin“ – hat der britische Premierminister Boris Johnson der ukrainischen Armee versprochen. Und 30 Millionen Euro mehr an Unterstützung generell.

Und obendrein gab es von Johnson, der nie um große Worte verlegen ist, auch noch Lobespropaganda: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei „wie Winston Churchill“. Die Vergleiche des Ukraine-Krieges mit jedweder kriegerischen Episode zwischen 1914 und 1945 lassen sich scheint’s nicht abschalten.

Propaganda von der ukrainischen Seite? Angeblich habe man bei Berdjansk ein russisches Landungsschiff in Brand geschossen, hieß es am Donnerstag. Videoaufnahmen zeigten ein Feuer im Hafen der Stadt, mehr aber auch nicht. Mariupol widersteht weiterhin den russischen Belagerern. In Tschernihiw entführen die Invasoren angeblich Zivilpersonen, wie ihnen das auch schon bei anderen ukrainischen Städten vorgeworfen wird.

Zum Ende noch eine wirklich gute Nachricht: Im russisch besetzten Cherson im Süden des Landes haben „Guerilleros“ am Donnerstag ein riesiges blau-gelbes Banner an der Stadtverwaltung herabgelassen. Der kreative Widerstand der Ukraine feiert Triumphe. Echte. mit afp/dpa

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