„Einfach barbarisch“ – Ehemaliger US-Soldat schildert den Kampf gegen Russland
Viele ausländische Soldatinnen und Soldaten unterstützen im Ukraine-Krieg freiwillig die ukrainischen Streitkräfte. Nun berichtet ein ehemaliger US-Soldat.
Kiew – Nur wenige Tage nach dem eskalierten Ukraine-Konflikt am 24. Februar hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weltweit dazu aufgerufen, sich den ukrainischen Truppen im Kampf gegen das Militär von Kremlchef Wladimir Putin anzuschließen.
„Jeder, der sich der Verteidigung der Ukraine, Europas und der Welt anschließen will, kann kommen und Seite an Seite mit den Ukrainern gegen die russischen Kriegsverbrecher kämpfen“, hatte das Staatsoberhaupt damals gesagt. Tatsächlich schlossen sich dem Aufruf zahlreiche Menschen aus dem Ausland an.
Ukraine-Krieg: Ehemaliger US-Soldat schildert Erlebnisse
Darunter auch der ehemalige US-Soldat Kevin, der dem Sender CNN von seinem Einsatz in der Ukraine berichtete. Seinen vollen Namen will der Sender aus Sicherheitsgründen nicht nennen. Den Erzählungen zufolge ist Kevin Teil einer freiwilligen Einheit von Veteranen, hauptsächlich Amerikaner und Briten, die die ukrainischen Streitkräfte unterstützen.

Im März sei die Einheit in Irpin, ein Vorort von Kiew, nur 50 Meter von den russischen Truppen entfernt stationiert gewesen. Dies sei die am weitesten vorn gehaltene Stellung, als Putins Truppen versuchten, die Hauptstadt zu erobern, erzählte Kevin.
Ukraine-Krieg: Ehemaliger US-Soldat diente bereits im Irak und in Afghanistan
Der Anfang 30-Jährige, der bereits im Irak und in Afghanistan diente, habe im Ukraine-Krieg die intensivsten Kämpfe seines Lebens erlebt. „Alles ist viel dezentraler“, erklärte Kevin gegenüber CNN. Im Kampf habe seine Einheit viele Guerillataktiken angewendet, die zuvor in anderen Kämpfen gegen das US-amerikanische Militär eingesetzt wurden. „Jetzt auf dieser Seite zu sein und ihre Gespräche über ihr Funkgerät zu hören – und zu wissen, okay, sie sind irgendwo da draußen, aber wir wissen nicht, wo oder wer es ist – das ist definitiv ein Vorteil“, erklärte der ehemalige US-Soldat.
Die Realität auf der Seite der Ukraine holte ihn allerdings schnell wieder ein. Zum ersten Mal in seinem Leben sei der Feind besser ausgerüstet gewesen als seine Truppe. Luftangriffe und Artilleriebeschuss galten im Irak oder in Afghanistan immer dem Gegner, nun musste er diesen selbst entkommen. „Es war wie ein Film“, beschrieb er seine Erfahrungen gegenüber CNN. „Es war von Anfang an Wahnsinn.“
Neben feindlichen Panzern und Hubschraubern habe man auch „russische Jets“ gehört. „Und draußen auf den Feldern setzten die Russen ihre Truppen mit Hubschraubern ab. Und du denkst dir so: Woah, wow. Das ist eine ganze Menge“, so Kevin.
Ukraine-Krieg: Ehemaliger US-Soldat bewundert Ruhe des ukrainischen Militärs
Angesichts der Kämpfe gegen Russland entschieden sich viele ausländische Soldat:innen dafür, wieder in ihr Land zurückzukehren. Auch Kevin und seine Truppe kamen tagtäglich zu dem Entschluss, genug von all dem zu haben. Doch der nächste Tag brachte erneut Befehle und neue Aufträge, weshalb sie sich entschieden zu bleiben.
In seinen Erzählungen bewundert der ehemalige US-Soldat vor allem die Ruhe des ukrainischen Militärs. „Sie sind Meister der Terrainverteidigung“, erklärte er. „Sie kennen jeden Zentimeter der Gegend. Sie kennen die kleine Gasse, in der wir warten können. Sie wissen, wie man dorthin kommt. Sie wissen, dass wir uns dort verstecken können“, sagte Kevin.
Putins Krieg: Berichte über getötete Zivilbevölkerung
Kevin berichtete auch über getötete Zivilist:innen. Erst nach dem Abzug russischer Truppen aus der Region Kiew wurde das Ausmaß der Zerstörung deutlich, welches die Soldaten dort zurückgelassen hatten. Vor allem die Gräueltaten aus Butscha sorgten international für Aufsehen.
„Die Russen wissen genau, was sie tun“, sagte Kevin. „Ich habe nie herausgefunden, warum sie Frauen und Kinder töten. Und es war kein Zufall. Es war Mord. Wir fanden viele Menschen am Ende der Straße, die zusammengebunden, erschossen, an den Straßenrand geworfen und von Panzern überrollt wurden. Einfach barbarisch“, schilderte er.
Ukraine-Krieg: So viel verdient der ehemalige US-Soldat im Kampf gegen Russland
Kevin ist sich zumindest sicher, dass er vorerst in der Ukraine bleiben wird. Als er damals Selenskyjs Aufruf hörte, habe er seinen Vollzeitjob gekündigt und sei nach Kiew gereist, bis an die vorderste Front. Die ukrainische Regierung zahlt ihm und seiner Einheit zwischen 2000 und 3000 US-Dollar im Monat für den Einsatz.
Wie viele Helfende aus dem Ausland das ukrainische Militär unterstützen, ist geheim. Dennoch seien „die Siegeschancen der Ukraine stark gestiegen“, erklärte ein Sprecher der internationalen Legion gegenüber CNN. Die internationale Legion der Territorialverteidigung der Ukraine setzt sich ausschließlich aus ausländischen Staatsangehörigen zusammen, die die Verteidigung des Landes unterstützt. (kas)