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Ukraine-Krieg: Wie Russland Waffensanktionen seit Jahren umgeht

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Von: Karolin Schäfer

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Nach der Annexion der Krim 2014 verhängte die EU einen Importstopp von Rüstungsgütern. Dennoch lieferten EU-Länder weiterhin schwere Waffen – auch Deutschland.

Moskau – Der Ukraine-Krieg dauert seit mehr als zwei Monaten an und bringt weiterhin Leid und Zerstörung mit sich. Bereits seit 2014 stattete sich Russlands Armee mit Waffen, Militärfahrzeugen und Panzern aus – besonders mit westlicher Unterstützung.

Nach der Annexion der Krim und der Besetzung eines Teils der Donbass-Region im Jahr 2014 verhängte der Westen Sanktionen gegen die Föderation. Wie allerdings die ukrainische Online-Zeitung Ukrajinska Prawda schreibt, hat Russland genügend Schlupflöcher entdeckt, um die Sanktionen zu umgehen.

Ukraine-Konflikt: Russische Waffen mit europäischen Komponenten

So sei beispielsweise die „Orlan-10“-Drohne mit verschiedenen Komponenten aus anderen Ländern gebaut worden, etwa einem GPS-Modul aus der Schweiz und einem Motor einer japanischen Firma. Und die „Forpost“-Drohne sei eine Kopie eines israelischen Modells, mit amerikanischen und deutschen Ersatzteilen.

Ukraine-Krieg
Ein zerstörter Panzer der russischen Armee. (Archivfoto) © Daniel Carde/picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire

Entscheidend ist im Ukraine-Konflikt nach Angaben der Zeitung auch die Zusammenarbeit mit dem französischen Elektronikhersteller Thales. Wie Recherchen des Blattes ergaben, wurden bis 2020 mehr als tausend russische Panzer von dem Unternehmen ausgestattet. Russische Kampfflugzeuge wie der SU-30SM-Jäger wurden demnach mit französischen Navigationssystemen ausgerüstet. Mehrere dieser Flugzeuge sind dann laut Ukrajinska Prawda im März über den ukrainischen Städten Vasylkiv und Brovary abgeschossen worden.

Italien verkaufte nach Angaben von Investigate Europe nur wenige Monate vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine Gewehre, Pistolen und Munition an die Föderation. Ein Teil der Ausrüstung stammte demnach auch aus den USA. Auch wenn Moskau das offiziell dementiert habe, so die Ukrajinska Prawda, ließen sich doch immer wieder US-amerikanische Komponenten in Waffen und Militärfahrzeugen entdecken. Lastwagen zum Transport von Raketen- und Artilleriesystemen wie KamAZ-65225-Traktoren würden mit amerikanischen Motoren und deutschen Getrieben betrieben.

Ukraine-Konflikt: Russland umgeht Sanktionen seit 2014

Trotz der seit 2014 verhängten Sanktionen lieferten westliche Unternehmen weiterhin Waffen und Komponenten an Russland, obwohl die Ausfuhr von Waffen und rüstungsfähigen Ersatzteilen nach Russland verboten worden sei. Doch wie konnten die Sanktionen der Europäischen Union (EU) umgangen werden?

Der EU-Beschluss enthält der ukrainischen Zeitung zufolge eine Ausnahmeregelung. Verträge, die vor der russischen Invasion 2014 geschlossen wurden, waren demnach nicht von dem Importstopp betroffen. Deshalb konnten Waffenhersteller weiterhin Vereinbarungen zu Waffenlieferungen auf Basis früherer Verträge treffen.

Ukraine-Konflikt: Zehn EU-Staaten verkauften weiterhin Rüstungsgüter

Zudem ermöglichte die vage Formulierung, ein Mitgliedstaat könne Waffenexporte genehmigen, wenn er sicher sei, dass diese nicht für militärische Zwecke verwendet würden, die Lieferung von Gütern an Zwischenhändler. Diese konnten die Waffen und Ersatzteile dann später an Militärunternehmen weiterverkaufen, erklärte die ukrainische Zeitung Ukrajinska Prawda.

Eine Datenanalyse von Investigate Europe zeigte, dass mindestens zehn der EU-Mitgliedsstaaten zwischen 2015 und 2020 Waffen im Wert von 346 Millionen Euro an Russland exportiert haben. Frankreich führt die Liste an. Wie die französische, gemeinnützige Nachrichtenagentur Disclose berichtete, hat Frankreich Rüstungsgüter im Wert von 152 Millionen Euro nach Russland exportiert. Laut Investigate Europe kamen 44 Prozent der europäischen Waffen von dort.

Diese Länder haben ebenfalls zwischen 2015 und 2020 Rüstungsgüter an Russland geliefert:

Ukraine-Konflikt: Deutschland lieferte 35 Prozent aller EU-Waffenexporte nach Russland

Direkt hinter Frankreich kommt Deutschland auf den zweiten Platz. Die Bundesrepublik lieferte Rüstungsgüter im Wert von 121,8 Millionen Euro nach Russland. Das sind 35 Prozent aller EU-Waffenexporte. Dabei handelte es sich in erster Linie um Eisbrecher-Schiffe, Gewehre und Sonderschutzfahrzeuge. Die Exporte aus Deutschland werden als „dual use“ bezeichnet, sind also für den zivilen als auch für den militärischen Zweck verwendbar.

„Jedes Land exportiert nach eigenem Gutdünken. Wir brauchen eine gemeinsame Rüstungsexportpolitik, die gesetzmäßig und transparent ist, unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments“, sagte Hannah Neumann, Mitglied des Europäischen Parlaments und Grünen-Politikerin, gegenüber Investigate Europe im März. „Ich bin es leid, dass unter der Hand Deals geschlossen werden, die nur der Rüstungsindustrie nützen, aber der gemeinsamen EU-Außenpolitik und dem Frieden schaden.“

Ukraine-Krieg: EU verschärft Waffensanktionen

Das journalistische Recherche-Netzwerk vermutete, dass einige der damals exportierten Waffen nun im Einsatz gegen die Ukraine sein könnten. Inzwischen wurden die Sanktionen verschärft, weshalb viele Hersteller die Lieferung von Ersatzteilen nach Russland eingestellt haben. Zudem wurde das Schlupfloch behoben, das die Lieferung von Gütern im Rahmen alter Verträge ermöglichte.

Laut der ukrainischen Zeitung Ukrajinska Prawda gibt es aber weiterhin Probleme mit „dual use“-Gütern. Zwar wird der Export solcher Güter nach Russland mit dem Sanktionspaket vom 25. Februar verboten. Allerdings betrifft das keine Verträge, die vor dem Ukraine-Krieg geschlossen wurden. Zudem hat die EU eine Liste mit Bedingungen erstellt, unter denen Güter mit doppeltem Verwendungszweck weiterhin nach Russland geliefert werden können. (kas)

Bei der Invasion der Ukraine setzt Russland auf neuste Kriegswaffen. Dabei soll eine intelligente Mine soll zum Einsatz kommen.

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