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Warum plötzlich so viele Protestvideos von russischen Rekruten auftauchen

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Von: Vincent Büssow

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Rekruten aus Russland im Ukraine-Krieg wenden sich mit öffentlichen Protestvideos an die Öffentlichkeit. Ein Militärexperte erklärt die Entwicklung.

Donezk – Der Ukraine-Konflikt hat sich zum Zermürbungskrieg entwickelt. Hatten viele Militär-Experten und wohl auch Wladimir Putin selbst mit einer schnellen Invasion gerechnet, dauern die Kämpfe nun seit über einem Jahr an. Für den russischen Präsidenten ist das ein Problem. Immer mehr Rekruten äußern sich öffentlich über die schrecklichen Bedingungen, unter denen sie in den Krieg geschickt werden. Weshalb wird jetzt der Protest laut?

Erst vor Kurzem hatten Rekruten aus Russland in einem neuen Video Vorwürfe an Putin und die russische Militärführung im Donbass gerichtet. „Ohne Vorbereitung“ seien sie in die Schlacht um die Stadt Bachmut geschickt worden. „Das Kommando sagt, dass wir alle Verbrauchsmaterial sind“, berichtete ein Soldat. „Wir kennen die Namen und Ränge der Kommandeure nicht, da sie sie uns nicht sagen.“ Es war bereits das dritte Videostatement dieser Art. Angehörige berichten ähnliches.

Soldaten der Ehrengarde nehmen an einer Kranzniederlegung am am Grab des Unbekannten Soldaten am Tag der Vaterlandsverteidigung. Aufnahme vom 23. Februar 2023.
Rekruten, die aus Russland in den Ukraine-Krieg geschickt wurden, wenden sich mit öffentlichen Protestvideos an die Öffentlichkeit. (Symbolbild) © Valery Sharifulin/imago

Russlands hohe Verluste im Ukraine-Krieg: Protest von Soldaten wird laut

Die gestiegene Zahl derartiger Beschwerden hängt mit den hohen Verlusten von Russland im Ukraine-Krieg zusammen. Dies schlussfolgert Kyrill Mikhailow, Militärexperte bei der unabhängigen Investigativ-Organisation Conflict Intelligence Team, wie das russische Nachrichtenportal Meduza berichtet. Demnach seien Armeen der selbsternannten Volksrepubliken in Donezk und Luhansk mittlerweile derart ausgedünnt, dass sie mit untrainierten Soldaten aus Russland aufgestockt werden müssen.

Protest im Ukraine-Krieg: Russland schickt Rekruten als „Kanonenfutter“ nach Bachmut

Während die Truppen aus Donezk und Luhansk ursprünglich hoch motiviert und einsatzbereit waren, geraten die neuen Rekruten aus Russland nun in Konflikte mit der prorussischen Militärführung im Osten der Ukraine. So berichten die Soldaten von Drohungen und sogar Tötungen, wenn sie sich gegen Befehle weigern. Außerdem werden ihnen oft falsche Informationen über ihre weiteren Aufgaben gegeben. Insbesondere im Kampf um Bachmut, in dem Russland sehr hohe Verluste erleidet, werden den Berichten zufolge vermehrt unvorbereitete Rekruten aus Russland als „Kanonenfutter“ benutzt.

Die Protestvideos kommen also als Hilfeschrei – und setzen Putin unter Druck. Die Militärführung im Donbass reagierte bereits und versprach, den Rekruten neue Aufgaben zuzuteilen, wie Meduza berichtet. Kurze Zeit später berichteten Angehörige allerdings davon, dass ein betroffenes Regiment „praktisch zerstört“ worden sei. Die Militärführung dementierte dies. (vbu)

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