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„Jede Stunde die Hölle“: Zweifel an Russlands Erfolg in Bachmut wachsen

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Von: Clemens Dörrenberg

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Der russische Kremlkritiker Igor Girkin rechnet damit, dass die Einkesselung der ukrainischen Stadt Bachmut durch russische Truppen noch im Frühjahr enden könnte.

Bachmut - Seit rund sieben Monaten ist die Stadt Bachmut im Donbass hart umkämpft. Zuletzt sollen russische Truppen die ostukrainische Stadt eingekesselt haben und ukrainische Streitkräfte einen strategischen Rückzug planen. Nur noch eine Straße soll aus der Stadt herausführen, die zum Rückzug für die ukrainischen Streitkräfte dienen könnte. Der russische Hardliner und Kremlkritiker Igor Girkin kann sich jedoch nicht vorstellen, dass die Umzingelung noch lange andauern wird.

Nach einem Bericht des US-amerikanischen Nachrichtenmagazins Newsweek rechnet Girkin damit, dass die Wagner-Söldnertruppe die Einkesselung noch im Frühjahr unterbrechen muss. An die russischen Truppen gewandt, fügte er hinzu: „Wir müssen uns darauf vorbereiten, ihren Angriff abzuwehren.“

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Auf seinem Telegram-Kanal schrieb Girkin, dass die Wagner-Söldnertruppe „wahrscheinlich nach Einsetzen des Tauwetters“ eine Pause nach der monatelangen Belagerung Bachmuts benötige. Aus russischer Sicht, so befürchtet Girkin, könne sich die Ukraine dann neu formieren. „Territorium gegen Zeit zu tauschen“, werde den Belagerten dadurch ermöglicht.

Girkin ist ein ehemaliger Offizier des russischen Inlandsgeheimdienstes. Außerdem hat er 2014 als Kommandeur die von Russland unterstützten Truppen in der separatistischen Region Donezk zu Beginn des Ukraine-Konfliktes angeführt. Sein Kampfname: Strelkov. Girkin wurde nach dem Abschuss des Flugs MH17 entlassen. Im November war er in Abwesenheit in den Niederlanden wegen des Mordes an 298 Menschen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In der Ukraine wird er nun wegen Terrorismusvorwürfen gesucht. Doch seit dem russischen Überfall auf die Ukraine betätigt er sich als Militärblogger und kritisierte dabei zuletzt auch immer wieder die russische Führung um Russlands Präsidenten Wladimir Putin.

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Vom russischen Verteidigungsministerium gab es bisher noch keine Stellungnahme zu den Vermutungen Girkins. Serhiy Cherevatyi, ein Sprecher der ostukrainischen Streitkräfte, indes bekräftigte, dass die russischen Truppen Bachmut nicht eingenommen hätten. Er sagte in einem Interview mit CNN: „Die Kämpfe in Bachmut finden eher am Stadtrand statt, da die Stadt von ukrainischen Verteidigungskräften kontrolliert wird.“ Neben der ukrainischen Armee verteidigten Grenzschutz und Nationalgarde die Stadt im Donbass.

Ukrainische Soldaten feuern eine Panzerhaubitze auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut.
Bachmut bleibt hart umkämpft: Ukrainische Soldaten feuern eine Panzerhaubitze auf russische Stellungen. © dpa

Volodymyr Nazarenko, ein stellvertretender Kommandeur der ukrainischen Nationalgarde, wies jedoch auch auf die Belastung hin, der sich die ukrainischen Streitkräfte ausgesetzt sähen. Im ukrainischen Fernsehen sagte er: „Jede Stunde in Bachmut ist wie die Hölle“. Dennoch hätten die russischen Truppen den Fluss Bachmutka nicht überquert können. „In den letzten Tagen konnte die Frontlinie dank unserer harten Arbeit und Bemühungen stabilisiert werden“, ergänzte Nazarenko.

Noch vor wenigen Tagen hatte der Chef der Wagner-Truppe, Jewegni Prigoschin verkündet, dass seine Söldner Bachmut eingekesselt hätten. Fachleute waren zuvor davon ausgegangen, dass sich die ukrainischen Truppen auf dem Rückzug aus Bachmut vorbereiten würden. Als Beleg hatten sie die Zerstörung zweier Brücken angegeben. Eine der beiden Brücken sei eine wichtige Versorgungsroute. Zuletzt aber hatte Prigoschin mit dem Abzug seiner Truppen aus Bachmut gedroht - wegen fehlenden Nachschubs von Munition und Kämpfern. (cd)

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