1. Startseite
  2. Politik

Julia Timoschenko: Die Welt hat die „historische Chance“ dem „Übel den Garaus zu machen“

Erstellt:

Von: Nadja Austel

Kommentare

Die ehemalige Ministerpräsidentin der Ukraine, Julia Timoschenko. (Symbolbild)
Julia Timoschenko spricht von einer „historischen Chance“ der freien Welt, Putin zu stoppen. (Symbolbild) © ITAR-TASS / IMAGO

Wladimir Putin ist nicht „verrückt“, sondern ein „absolut rationales, kaltes, grausames, schwarzes Übel“, so die ehemalige Ministerpräsidentin der Ukraine, Julia Timoschenko.

Kiew – In einem Exklusivinterview mit dem Guardian wies die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko die Behauptung zurück, der Präsident Russlands sei „verrückt“. Wladimir Putin handele nach seiner eigenen „dunklen Logik“, sagte sie. „Er wird von der Idee einer historischen Mission angetrieben und will ein Imperium schaffen“, wird sie von The Guardian weiter zitiert. Das sei sein übergeordnetes Ziel, das einem tiefen inneren Wunsch entspringe. Sie bezeichnete Putin als „absolut rationales, kaltes, grausames, schwarzes Übel“. Er sei entschlossen, neben Stalin und Peter dem Großen in die russische Geschichte einzugehen.

Timoschenko traf Putin im Laufe ihrer Karriere mehrere Male persönlich. Aus der Nähe betrachtet sei er „immer vorsichtig“ in dem, was er sage. Er komme eben aus der „KGB-Schule“. Auch vor der russischen Invasion im Februar in die Ukraine habe er keinen Hehl aus seiner Überzeugung gemacht, dass es „keine Nation wie die Ukraine und kein Volk wie die Ukrainer“ gebe, so Timoschenko.

Seine Ambitionen gingen über die Inbesitznahme ukrainischen Territoriums und den Sturz der pro-westlichen und pro-Nato-Regierung hinaus, so Timoschenko weiter. Sein geopolitisches Ziel sei es, auch Weißrussland, Georgien und Moldawien zu übernehmen und Mittel- und Osteuropa, einschließlich der baltischen Staaten, zu kontrollieren, so wie es Moskau zu Sowjetzeiten getan habe.

Ukraine-Krieg: Timoschenko lobt „Anti-Putin-Koalition“

Timoschenko selbst habe sich am 24. Februar in Kiew aufgehalten, als Russland in den Morgenstunden den Angriff startete. Jegliche innenpolitische Rivalitäten hätten sich sofort in Luft ausgelöst. Mit mehreren anderen Vertretern der Opposition sei sie unverzüglich in die Präsidialverwaltung und traf dort Wolodymyr Selenskyj, gegen den sie noch 2019 kandidiert hatte.

„Wir haben uns umarmt und die Hände geschüttelt. Alle waren schockiert, blass und ängstlich“, berichtete Timoschenko dem Guardian. Zelenskijs Entscheidung, in der Hauptstadt zu bleiben, sei wichtig gewesen, sagte sie. Im Keller des modernen Bürogebäudes ihrer Partei in Kiew habe sie Zuflucht gesucht, als die russischen Bomben fielen. Die Frage, ob sie bereit sei, auf russische Soldaten zu schießen, habe sie bejaht. Der Kreml habe sie auf seine Todesliste gesetzt.

Sie habe außerdem die „unglaubliche Einigkeit“ der „Anti-Putin-Koalition“ im Westen gelobt. Frankreich und Deutschland – die für ihre zögerlichen Waffenlieferungen kritisiert werden – sollten dabei nicht ausgegrenzt werden, so Timoschenko laut The Guardian. Europa habe mit der schlimmsten Sicherheitskrise seit Jahrzehnten zu kämpfen.

Ukraine-Russland-Konflikt: Der Westen darf nicht zu „Mitverschwörern des Bösen“ werden

Sie sagte jedoch auch, die internationalen Partner der Ukraine müssten verstehen, dass der einzige Weg zur Beendigung des Krieges darin bestehe, die russischen Streitkräfte auf dem Schlachtfeld zu schlagen. Man dürfe nicht zu „Mitverschwörern des Bösen“ werden, so Timoschenko. Sie fügte hinzu: „So etwas wie ein Friedensabkommen mit Putin gibt es nicht, denn es führt nicht zum Frieden. Es würde einige Jahre später zu einem neuen Krieg führen“.

Für ihr Land stehe existenziell viel auf dem Spiel. Das Ziel des Kremls sei es, die Ukraine ihrer Sprache und Kultur zu berauben. Die zivilisierte Welt habe die einmalige Chance, Russland zu stoppen und zu verhindern, dass es „Krieg, Korruption, Erpressung, Desinformation und Unfreiheit“ verbreite, sagte sie.

Russland begeht in der Ukraine Völkermord – „Historische Chance für die freie Welt“

Russland habe den Vorwand, nur die ukrainische militärische Infrastruktur anzugreifen, weitgehend aufgegeben, so Timoschenko. Die Ermordung von Zivilisten – in Städten in der Region Kiew wie Butscha und Irpin sowie in anderen Gebieten – sei grausam und vorsätzlich, und die russischen Soldaten folgten den Anweisungen Moskaus.

„Das ist ein untrennbarer Teil ihres Völkermords an der ukrainischen Nation“, sagte sie im Interview. „Ich bin überzeugt, dass es uns gelingen wird, Mariupol zurückzuerobern und das Ausmaß der schrecklichen Tötungen dort aufzudecken. Es war eine Tragödie, eine menschliche Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes.“ Sie habe mit den Worten abgeschlossen: „Dies ist eine große Schlacht für unser Territorium und unsere Freiheit. Es ist eine historische Chance für die freie Welt, diesem Übel den Garaus zu machen.“ (na)

Auch interessant

Kommentare