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Ukraine-Krieg: Unter falscher Flagge?

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Von: Peter Rutkowski

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Ein Treibstofflager in Russland explodiert – und die Ukraine soll es gewesen sein. Die hat aber eigentlich Wichtigeres zu tun, nämlich ums Überleben kämpfen.

Kiew – Der 37. Tag dieses Krieges ist ein Tag wie jeder andere bisher seit dem 24. Februar – und ist doch auch kein Tag wie seit Kriegsbeginn. Die beherrschende Frage weit über die Ukraine hinaus ist die nach dem Geschehen im russischen Belgorod hart an der Grenze zu dem umkämpften Land: Wer hat das dortige Treibstofflager am Freitag in die Luft gejagt?

Sind tatsächlich ukrainische Kampfhubschrauber herübergeflogen und haben mit Kanonen oder Raketen erfolgreich versucht, dem Vormarsch von Russland den Hahn abzudrehen? Oder war es die seit Kriegsbeginn befürchtete russische Operation unter falscher Flagge? Also der Versuch, sich vom Angreifer zum Angegriffenen, vom Aggressor zum Opfer zu wandeln, indem man sich selbst angreift. Oder war es nur ein Unfall, wie er bei der Lagerung explosiver Materialien nun mal vorkommen kann?

Ein Öldepot in Belgorod wird ein Raub der Flammen.
Ein Öldepot in Belgorod wird ein Raub der Flammen. Russland gibt der Ukraine die Schuld. © dpa

Ukraine-Krieg: Kiew antwortet auf Vorwürfe aus Russland

Wenn man den bemerkenswert dürren Worten des ukrainischen Oberkommandos folgen wollte, dann war es nicht ein Husarenstück, wie man es sich dieser Tage gerne rühmt – sei es nun der Klau eines russischen Schützenpanzers durch einen Bauern oder eine Geste des zivilen Ungehorsams wie dem Entrollen haushoher blau-gelber Banner im besetzten Cherson.

Jedenfalls meint Kiew zu den brennenden Treibstofftanks: „Die Ukraine unternimmt zurzeit defensive Operationen gegen die russische Aggression auf unserem Staatsgebiet; das bedeutet nicht, dass die Ukraine für jede Katastrophe verantwortlich ist, die auf russischem Territorium geschieht.“ Wäre es nicht die Verlautbarung eines Militärs, das um die schiere Existenz seiner Nation ringt, man könnte die ukrainische Reaktion als „indigniert“ verbuchen: Wie kommen die Russen dazu, so etwas zu behaupten?

Tatsächlich nimmt der Krieg im eigenen Land alle Ukrainer:innen mehr als genug in Anspruch: Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sprach am Freitag von „großen Schlachten“ – als wohl eher von sehr heftigen Gefechten – nördlich und östlich der Hauptstadt stattfinden. Aus US-Amerikanischen Regierungskreisen war zu vernehmen, dass man beobachte, wie russische Verbände eine Kirche nordwestlich von Kiew als Dreh- und Angelpunkt für das Umgruppieren ihrer Angriffskräfte nutzten. Das also ist nur ein weiterer Hinweis darauf, dass Moskaus scheinbare Beteuerungen von vor wenigen Tagen, man wolle sich auf den Osten der Ukraine konzentrieren, eben nur das waren: zum Schein.

Ukraine-Krieg: „Eine komplette humanitäre Katastrophe“

Im nordöstlichen Tschernihiw, wo man auf ein Abflauen der Kämpfe gehofft hatte, musste Bürgermeister Wladislaw Atroschenko am Freitag vermelden, dass russische Artillerie die Onkologie-Abteilung eines Krankenhauses zerschossen habe. Drei Personen seien dabei schwer verletzt worden. Atroschenko nannte das Schicksal seiner Stadt „eine komplette humanitäre Katastrophe“. Das muss man so übertragen auf die komplette Ukraine. (Peter Rutkowski)

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