„Krieg führen ist etwas ganz anderes“: Putin-Sprecher erklärte Ukraine-Ziel für „teilweise“ erreicht
Putin-Sprecher Peskow leugnet, dass Russland in der Ukraine Krieg führt. Gleichzeitig räumt er ein, die Ziele nur „teilweise“ erreicht zu haben. Wen er dafür verantwortlich macht.
Moskau – Mehr als 14 Monate Krieg, etwa 200.000 getötete eigene Soldaten: Das ist die russische Bilanz des Ukraine-Krieges. Trotz der herben russischen Verluste im Krieg und der erwarteten ukrainischen Gegenoffensive habe Russland seine Ziele in der Ukraine erreicht – zumindest „teilweise“. Das erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in einem Interview mit dem bosnischen Fernsehsender ATV am Mittwoch (10. Mai 2023).
Die Menschen im Donbass zu schützen, sei die wichtigste Aufgabe der russischen Streitkräfte gewesen. „Teilweise ist es uns gelungen, diese Aufgabe zu erfüllen“, behauptet Peskow. „Zum Teil sind wir davon aber noch weit entfernt.“ Der angebliche Schutz der Bevölkerung in der Donbass-Region war seit Beginn des Krieges im Februar 2022 ein Vorwand für den Einmarsch in die Ukraine, bei dem die Zivilbevölkerung immer wieder zum Ziel russischer Angriffe wurde.
Putin-Sprecher zu Russlands Angriff auf die Ukraine: „Krieg führen, ist etwas ganz anderes“
Peskow brüstete sich laut der unabhängigen englischsprachigen Moscow Times zudem damit, dass es Russland geschafft habe, die „ukrainische Kriegsmaschinerie ziemlich durcheinanderzubringen“ und „sehr viele Waffenfabriken“ zu zerstören.
Der Putin-Sprecher leugnete im Interview erneut, dass Russland Krieg in der Ukraine führe. „Krieg führen, ist etwas ganz anderes, das bedeutet die totale Zerstörung der Infrastruktur, die totale Zerstörung von Städten“, erklärte Dmitri Peskow gegenüber ATV. „Wir tun das nicht.“ Russland versuche, zivile Opfer zu vermeiden. Das sei ein Grund dafür, dass nicht alle Ziele erreicht worden seien.

Peskow vertritt damit das übliche russische Narrativ. Die Realität ist jedoch eine andere: Russland attackiert regelmäßig ukrainische Städte und nimmt dabei Zivilpersonen sowie die Infrastruktur ins Visier. Besonders die Energieversorgung ist immer wieder Ziel russischer Drohnen und Raketen. Zahlreiche Städte wie Mariupol, Sjewjerodonezk und Bachmut bestehen mittlerweile größtenteils aus Ruinen. In Butscha, einem Ort nahe der ukrainischen Stadt Kiew, haben russische Soldaten Hunderte Zivilistinnen und Zivilisten hingerichtet.
Putin-Sprecher macht Westen für fehlende Kriegsziele verantwortlich
Als weiteren Grund für die Verzögerung der russischen Pläne in der Ukraine nennt Peskow die westliche Unterstützung. „Es war schwer vorstellbar, dass die Nato-Mitglieder, die Vereinigten Staaten und die europäischen Länder, erst indirekt und dann direkt in den Konflikt eingreifen würden.“ Peskow behauptete zudem, dass die Nato nun tatsächlich am Konflikt auf der Seite der Ukraine beteiligt sei.
Während Peskow das Handeln des eigenen Militärs relativiert, wirft er der Ukraine nach dem angeblichen Drohnenangriff auf den Kreml vor, auf einer Stufe mit staatlichen Sponsoren des Terrorismus zu stehen. „Das ist eine ungeheuerliche und inakzeptable terroristische Aktivität des Landes“, sagte Wladimir Putins Sprecher laut Moscow Times.
Zum Konflikt mit Wagner-Chef Prigoschin äußerte sich Peskow nicht ausführlich. Er sprach lediglich von „überbordenden Emotionen“. Im Kreml denkt man jedoch angeblich über Sanktionen nach. (ms/dpa)