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Putins „Pyrrhussieg“ in Bachmut – der Preis sind blutige Verluste für Russland

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Von: Christina Denk

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Russland hat die Eroberung der Stadt Bachmut verkündet. Kritik kommt aus den eigenen Reihen. Putin-Kritiker Igor Girkin prangert die hohen Verluste an und bezeichnet die Eroberung als Zeitverschwendung.

Bachmut – Seit Monaten stehen sich das ukrainische Militär und russische Soldaten, sowie die Wagner-Gruppe in Bachmut gegenüber. Die Schlacht gilt als blutigste und längste des Ukraine-Krieges. Nun hat die Wagner-Gruppe die Stadt wohl eingenommen, heißt es zumindest aus russischen Reihen. Doch zu welchem Preis? Ein russischer Kritiker hält den Zug für sinnlos. Er kenne die Verluste der Kämpfe.

„Bachmut wurde ‚heimgeholt‘“, schreibt Putin-Kritiker Igor Girkin auf Telegram. „Das begeistert mich nicht, wenn man die Verluste, verschwendete Ressourcen, verlorene Zeit und das anfängliche Verständnis der strategischen Sinnlosigkeit dieser Operation berücksichtigt.“

Bachmut: Putin-Kritiker hält Eroberung für sinnlos – „verlorene Zeit“

Über die Kämpfe südlich von Bachmut um Avdeevka, Maryinka und Ugledar schrieb Girkin zudem, es sei kein Gewinn, sondern ein Blutbad. Und es sei leider nicht das Blut derjenigen, die die Angriffe aus den Hauptquartieren geplant und geleitet haben, sondern „der Soldaten und Offiziere an der Front, der Mobilisierten und der Freiwilligen“, zitiert die Zeitung Newsweek Girkins Aussage.

Verluste im Ukraine-KriegBestätigte US-AngabenSchätzungen der Gegenseite
Ukraine15.500 - 17.500
Russland35.500 - 43.000über 200.000 (Schätzung der Ukraine)

Girkin ist ein ehemaliger militärischer Befehlshaber in Donezk. Er wurde im Zuge der Annexion der Krim bekannt und ist eine der führenden Stimmen der russischen Nationalisten geworden. Er unterstützt den Krieg, übt jedoch immer wieder scharfe Kritik an der russischen, militärischen Führung und der Stagnation der geplanten Invasion der Ukraine. Ein „blutiger Zirkus mit Clowns in Uniform“ sei der Ukraine-Krieg, beschwerte er sich im April.

Die Kämpfe um Bachmut: Eroberung oder nicht?

Seit Monaten wird um die Stadt Bachmut gekämpft. Die letzten Meldungen um Bachmut deuteten zuletzt eher Richtung einer ukrainischen Eroberung. Erst am Freitag, 19. Mai, hatte die Ukraine nach eigener Darstellung bei Gegenangriffen um die völlig zerstörte Stadt Gelände gewonnen. Als Reaktion schickte Russland in den letzten Tagen zusätzliche Truppen an die Front, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.

Schwere Verluste für Russland im Ukraine-Krieg

Ein „Pyrrhussieg“ ist ein Sieg, mit welchem hohe Opferzahlen einhergehen. Das berichtete das Institute for the Study of War bereits Anfang Januar in der Schlacht um den Donbass.

Am Sonntagmorgen, 21. Mai, verkündete Prigoschin, der Chef der Wagner-Truppe, nun die Einnahme der Stadt, die das russische Verteidigungsministerium bestätigte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Sonntag: „Heute ist Bachmut nur in unseren Herzen.“ Es sei dort „nichts“ mehr übrig. Ob Selenskyj damit die Zerstörung der Stadt oder eine mögliche Eroberung meinte, blieb zunächst offen. Ein Sprecher des Präsidenten dementierte wenige Stunden später, dass Selenskyj einen etwaigen Verlust von Bachmut bestätigt habe.

Wollen Teile der russischen Armee in der Ukraine gar nicht mehr kämpfen? Moskau-Machthaber Wladimir Putin am 2. Mai 2023.
Moskau-Machthaber Wladimir Putin am 2. Mai 2023. © IMAGO / ZUMA Wire

Offenbare Bachmut-Eroberung: Sie dürfte nur einen symbolischen Wert haben

Aber ob nun Eroberung, oder nicht? Welchen Stellenwert hat die Stadt im Osten der Ukraine? Bereits seit Monaten wird über die Bedeutung der Kleinstadt diskutiert – nicht nur von Putin-Kritiker Girkin. Anfangs schien die Eroberung für Russland noch den Weg ins Landesinnere freizumachen. Bachmut liegt nahe einer Fernstraße, die in die von der Ukraine gehaltenen Großstädte Kramatorsk und Slowjansk führt. Mittlerweile gewann die Ukraine allerdings die nahen Städte Lyman und Isjum zurück.

Damit dürfte die Eroberung Bachmuts für beide Seiten vor allem eine symbolische Bedeutung haben. Russland könnte nach der Frühjahrsoffensive im letzten Jahr mal wieder einen Sieg verkünden. Ebenso die Ukraine, deren letzter großer territorialer Erfolg im November 2022 bei der Rückeroberung von Cherson stattfand. Fraglich ist auch, ob die Eroberung Bachmuts einen Einfluss auf die erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine hat. Die Vermutung lautet nein. Denn immer wieder gab es Spekulationen, dass Kiew in Bachmut vor allem die Verteidigungsfähigkeit der russischen Truppen für spätere Kämpfe teste. Indes rätseln Fachleute über die geplante Gegenoffensive der Ukraine: Hat sie bereits angefangen? (chd mit dpa und AFP)

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