Ukraine-Krieg: Morawiecki fordert EU-Gelder – und rügt deutsche Politik

Polen fordert bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine Hilfe von der EU. Regierungschef Morawiecki kritisiert außerdem Deutschlands Russland-Politik.
Berlin – Seit Beginn des Ukraine-Kriegs gibt es unterschiedliche Ansichten innerhalb der Europäischen Union darüber, wie auf den Einmarsch Russlands reagiert werden soll. Während Deutschland für seine zurückhaltende Herangehensweise regelmäßig in der Kritik steht, sind es insbesondere die Nachbarstaaten von Russland und der Ukraine, die sich ein härteres Vorgehen wünschen. Nachdem Wladimir Putin jetzt die Gaslieferungen an Bulgarien und Polen eingestellt hat, weitet der polnische Regierungschef seine Forderungen an die restlichen EU-Staaten und seine Kritik an Deutschland aus.
Während sich Polen auf den Lieferstopp von Gas aus Russland gut vorbereitet sieht, will der Ministerpräsident Morawiecki ein entschlosseneres Handeln der EU in diesem Bereich. So fordert er laut einem Interview mit der Bild EU-Zölle von etwa 35 Prozent einzuführen, um mehr Staaten dazu zu bewegen, auf teurere alternative Energiequellen umzusteigen. Außerdem plädiert der Regierungschef von Polen für Sanktionen gegen Drittstaaten, die „Blut-Öl“ aus Russland beziehen.
Geflüchtete aus der Ukraine in Polen: „Wir haben EU-Hilfe verdient“
Im Zuge des Ukraine-Konflikts wurde Polen immer wieder für seine Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen gelobt. Mittlerweile sind mehr als 2,3 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine in Polen eingetroffen. Der Nachbar des Konfliktlandes fordert deshalb Hilfe von der EU bei der Aufnahme der Vertriebenen. Während Staatschef Andrzej Duda im März noch sagte, „Polen fehlt die Erfahrung. Wir brauchen finanzielle, materielle Hilfe und den Rat von Experten“, wird Morawiecki jetzt deutlicher. Bisher habe die EU „keinen Cent gezahlt“, kritisierte der Regierungschef. Mit Blick auf die Gelder, die für die Aufnahme Geflüchteter in der Vergangenheit an die Türkei gingen, sagte er „Auch wir haben jetzt EU-Hilfe verdient.“

Ukraine-Krieg: Polen erwartet Entschuldigung für deutsche Russland-Politik
Empört äußerte sich der Regierungschef über Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der massiv in der Kritik steht, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen Posten bei russischen Energieunternehmen trennt. Auf die Frage, ob er Schröder noch die Hand geben würde, sagte Morawiecki: „Nein, auf keinen Fall. Seine letzten Äußerungen zeigen: Dieser Mann hat nichts dazugelernt. Er hat keine Scham, keinerlei Gewissensbisse. Wir alle kennen die schrecklichen Bilder der Kriegsverbrechen aus Butscha, Hostomel und anderswo. Wen das nicht zum Umdenken bewegt, der hat keinen Anstand.“
Der polnische Regierungschef erklärte gegenüber der Zeitung weiter, er erwarte keine Entschuldigungen deutscher Politiker, die Polens Warnungen vor den Gas-Pipelines aus Russland stets ignoriert hätten. Aber, so Morawiecki: „Die Kehrtwende in der deutschen Politik war überfällig. Vergessen Sie nicht: Nord Stream 2 wurde nach dem Überfall auf die Krim und die Ost-Ukraine beschlossen. Wir Polen haben uns niemals Illusionen gemacht über die Folgen auf die Politik des Kreml. Ich sage: Lieber spät als nie.“ (vbu/dpa)