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Putin vor fatalem Fehler? Ex-Mitarbeiter hält 2024 Militärputsch für möglich

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Von: Bettina Menzel

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Der russische Präsident Wladimir Putin am Donnerstag (2. Februar 2023) im Museum der Schlacht von Stalingrad in Moskau. © IMAGO/Aleksey Nikolskyi / SNA

Putins ehemaliger Redenschreiber glaubt, der Kremlchef habe den Rückhalt der russischen Armee verloren – und hält unter bestimmten Bedingungen einen Militärputsch im Jahr 2024 für möglich.

Moskau – Bislang konnte der russische Präsident Wladimir Putin seine militärischen Ziele im Ukraine-Krieg nicht erreichen und scheint nun auch die Loyalität seiner Sicherheitskräfte zu verlieren. Der russische Politologe Abbas Galljamow jedenfalls glaubt, dass das Militär dem Kremlchef inzwischen nicht mehr loyal ergeben ist und hält einen Putsch im kommenden Jahr für möglich – sofern die Präsidentschaftswahl 2024 abgesagt werde, wie Galljamow in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit Zeit.de sagte.

Russischer Politologe sieht Anzeichen dafür, dass das Militär Putin nicht mehr loyal ergeben ist

Abbas Galljamow war einst selbst im Kreml tätig, unter anderem als Putins Redenschreiber. Nun lebt der Politologe im Exil und äußert sich immer wieder kritisch über seinen einstigen Chef. Putin habe seinen Status als „Garant für Stabilität“ verloren, erklärte Galljamow bereits im vergangenen Oktober und bescheinigte dem russischen Präsidenten laut Angaben der dpa einen „Kontrollverlust“. Jetzt hat der Kremlchef laut Galljamow auch die Loyalität des russischen Militärs verloren. „Es gibt keinen Grund für die Militärs, Putin gegenüber loyal zu bleiben“, so der Politologe im Zeit-Interview. Das Militär habe sich unter Putin zunächst „von den Ausgestoßenen der Neunzigerjahre zum ‚Salz der Erde‘“ entwickelt – also merklich an Status gewonnen.

Doch im Ukraine-Krieg habe der Kremlchef Soldaten sinnlos in den Tod geschickt – etwa beim Sturm auf Kiew zu Beginn des Krieges. Auch habe der Ruf der russischen Armee Schaden genommen. Die ganze Welt lache inzwischen über das russische Militär, so Galljamow weiter. Diese Faktoren hätten einen Keil zwischen Putin und die Sicherheitskräfte im Land getrieben. Selbst einen Militärputsch im Jahr 2024 schließt der Politologe unter bestimmten Umständen nicht aus.

Militärputsch 2024 offenbar möglich, sofern Putin Präsidentschaftswahl absagt

Abbas Galljamow hält es für eine Option, dass Putin die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 unter Berufung auf das Kriegsrecht absagt. Denn ohne einen Sieg in der Ukraine laufe der Kreml-Chef Gefahr, die Wahl nicht zu gewinnen. „Die Ergebnisse müssten also manipuliert werden, und Massenmanipulationen sind immer mit Protesten verbunden, was wiederum in einer Situation, in der die Sicherheitskräfte nicht absolut loyal sind, sehr riskant ist“, so der Politologe weiter. Eine solche Absage der Wahlen hätte allerdings eine „rasche Delegitimierung des Regimes“ zur Folge, meinte Galljamow.

„Immer mehr Leichen aus der Ukraine, ernsthafte wirtschaftliche Probleme, Perspektivlosigkeit – die Menschen werden nach einer Erklärung für all das suchen.“ Dies könnte der Nährboden für einen Militärputsch sein. Momentan jedoch seien die Militärs in Russland demoralisiert, für einen Putsch fehle ihnen die Kraft. „Die Annullierung der Wahl und die Verwandlung Putins in einen allseits verhassten Diktator würde es meiner Meinung nach dem Militär ermöglichen, an Selbstvertrauen zu gewinnen und sich für einen Putsch zu entscheiden“, glaubt Galljamow jedoch.

Diese Rolle spielt Wagner-Chef Prigoschin aktuell in Russland

Galljamow zufolge ist es „offenkundig, dass der Präsident geschwächt und verwirrt ist. Er taumelt. Er kommt nur sporadisch ins Spiel, trifft gelegentlich Entscheidungen.“ Bereits seit langem gibt es Berichte, dass auch in inneren Machtzirkeln des Kreml Kritik an Putin laut wird. Ursprünglich sei er davon ausgegangen, so Galljamow, dass die russischen Eliten Putin dazu bewegen könnten, für die kommenden Wahlen einen Nachfolger aufzustellen. Doch ein Störfaktor sei der Chef der Wagner-Gruppe Jewgeni Prigoschin. Die Eliten hätten Angst vor dem Wagner-Chef und würden sich daher zurückhalten, gegen Putin vorzugehen. Prigoschin habe mit seiner Wagner-Gruppe – einer brutalen Söldnertruppe, die auch zahlreiche Häftlinge aus russischen Gefängnissen rekrutierte – zwar teilweise militärische Probleme gelöst. Gleichzeitig habe Prigoschin aber politische Probleme für Putin geschaffen, etwa indem er offen die Militärführung kritisierte.

Putin habe schon immer verschiedene Akteure im Kreml gegeneinander ausgespielt, um so zu erreichen, dass niemand die Oberhand gewinnt, erklärte der Ex-Kreml-Mirtarbeiter. Doch in der aktuellen Situation sei dies nicht die richtige Strategie. „In einer Krise braucht es keine internen Konflikte, sondern die Konsolidierung von Eliten“, so der Politologe. Dieser interne Zwist gebe aber dem Wagner-Chef mehr Macht.

Prigoschin verfolge das Ziel, „die Agenda zu bestimmen.“ Allerdings aus Sicht des Politologen nicht als russischer Präsident, denn dafür fehle ihm der Rückhalt sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Eliten. Trotzdem habe es Prigoschin geschafft, Putins Machtvertikale zu zerstören, glaubt Galljamow: „Ein ehemaliger Krimineller, der keine offiziellen Ämter bekleidet, ist faktisch der wichtigste Politiker des Landes.“ (bme)

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