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Raus aus Russland: Geflüchtete suchen Exil in der Türkei und Armenien

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Von: Andreas Schmid

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Zwei Männer schauen in Istanbul nach Sonnenuntergang auf das Goldene Horn, den Meeresarm am Bosporus.
Menschen verlassen Russland. Sie zieht es unter anderem in die Türkei, wie hier Istanbul. (Symbolfoto) © Arne Immanuel Bänsch/picture alliance

Zehntausende Menschen aus Russland verlassen das Land. Sie fliehen in die Türkei, nach Armenien und Georgien.

Istanbul – Seit Beginn des Ukraine-Kriegs* sind rund fünf Millionen Menschen aus der Ukraine* geflohen. Aber auch zehntausende Russinnen und Russen haben ihrer Heimat den Rücken gekehrt. Während es für ukrainische Geflüchtete vor allem gen Westeuropa geht, lassen sich Menschen aus Russland* woanders nieder.

Die beliebtesten Ziele für Exilrussinnen und -russen sind Armenien, Georgien und die Türkei*. In der türkischen Metropole Istanbul und der armenischen Hauptstadt Eriwan unterstützt die russische Initiative „Die Arche“ die Ausgereisten bei der Ankunft. Vor allem gut ausgebildete Menschen seien unter den Neuankömmlingen.

Ukraine-Krieg: Russische Geflüchtete – Sorge vor Verhaftung und Wehrdienst

Man stelle vor allem Unterkünfte für Menschen bereit, die „aus Angst vor einer Verhaftung in Eile fliehen mussten“, sagt Eva Rapoport, Freiwillige bei der Organisation, der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. Das können zum Beispiel Oppositionelle sein oder Menschen, die sich per se kritisch gegen den Krieg geäußert haben. Russland geht teils gewaltsam gegen kritische Stimmen vor. Zu sehen war das etwa bei tausenden Verhaftungen am Rande von Anti-Kriegs-Demonstrationen.

Eine Demonstrantin wird in Moskau während einer Friedensdemonstration festgenommen.
Eine Demonstrantin wird in Moskau während einer Friedensdemonstration festgenommen. © Denis Kaminev/dpa

„Wir versuchen, jede Art von Hilfe anzubieten, damit sie wenigstens einige Zeit kostenlos unterkommen und herausfinden können, wie es für sie weitergeht“, sagt Rapoport. Einige Menschen hätten Russland auch wegen der schlechten wirtschaftlichen Aussichten angesichts der harten Sanktionen des Westens verlassen. Junge Männer hätten zudem Angst, zum Wehrdienst eingezogen zu werden. Sie besteht für russische Männer zwischen 18 und 27 Jahren.

Ukraine-Krieg: Istanbul als attraktives Russlandziel

„Die Arche“ wurde Anfang März, kurz nach Beginn des Krieges, gegründet. Sie finanziert sich nach eigenen Angaben aus Spenden. Bekannter Unterstützer ist der in London lebende Exil-Oppositionelle Michail Chodorkowski. Für Neuankömmlinge miete man etwa Wohnungen mit bis zu sechs Schlafzimmern an, sagt Rapoport. Alleine in Istanbul habe man bislang mehr als 200 Unterkünfte vermittelt.

Zahlen, wie viele Russinnen und Russen seit Beginn des Krieges in die Türkei gekommen sind, gibt die Regierung nicht bekannt. Zu touristischen Zwecken reisen jedes Jahr Millionen Menschen aus Russland in die türkischen Urlaubsregionen. Nun im eskalierten Ukraine-Konflikt* profitieren sie von weicheren Regeln Russland gegenüber. Das Nato-Land Türkei hält seinen Luftraum für russische Flieger im Gegensatz zu Europa offen und beteiligt sich nicht an Sanktionen*. Menschen aus Russland können zudem ohne Visum einreisen, was das Land zu einem Drehkreuz macht.

Ukraine-Krieg: Geflüchtete auch in Georgien und Armenien

Georgien ist ebenfalls eine Option als Zufluchtsort. Es ist eines der wenigen Länder, in denen Russinnen und Russen ein Jahr lang ohne Visum bleiben dürfen. Bis Mitte März registrierten die Behörden mehr als 30.000 Einreisen aus dem Nachbarland. Mehr als 17.000 Russen verließen laut Innenministerium Georgien aber wieder. Ein Ziel könnte Abchasien sein.

Abchasien

Die Region Abchasien liegt am Kaukasus und gehört völkerrechtlich zu Georgien. Seit 1994 betrachtet sie sich selbst jedoch als unabhängige „Republik Abchasien“. Nur wenige Staaten kennen die Unabhängigkeit an, etwa Syrien und Russland. Offizielle Amtssprache ist Russisch.

In der Ex-Sowjetrepublik Armenien halten sich nach offiziellen Angaben mittlerweile 75.000 Menschen aus Russland auf. Vermutlich sind es mehr. Hotels, Pensionen und Mietwohnungen in der Hauptstadt Jerewan sind voll belegt, wie ein dpa-Reporter vor Ort berichtet.

In Eriwan haben vor allem Menschen mit Programmierkenntnissen Chancen auf eine Arbeitsstelle. In der Millionenstadt sind einige IT-Unternehmen angesiedelt. Weil in Armenien auch Russisch gesprochen wird, gibt es für die Neuankömmlinge, darunter viele junge Familien, keine Sprachbarrieren. Wie lange die aus Russland geflüchteten Menschen im Exil bleiben, ist derzeit nicht absehbar. Auch in Deutschland gibt es Exilrussinnen und -russen. Die meisten von ihnen sind schon vor Jahren nach Deutschland gekommen. Den Krieg erleben sie nun auf zweierlei Weise. (as/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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