„Zu spät“: Historiker sieht keine Hoffnung auf Krim-Eroberung – Ex-US-General widerspricht
Ein bekannter Historiker zieht geschichtlichen Vergleich zu Krim-Situation. Ein Ex-US-General widerspricht seinen Aussagen vehement.
Krim – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nennt die Rückeroberung der Halbinsel Krim schon seit dem Überfall von Russland am 24. Februar 2022 immer wieder als eines der Ziele von Kiew. Die Halbinsel liegt im Süden des ehemaligen Sowjetlandes. Die strategisch wichtige Halbinsel wurde im Jahr 2014 durch Russland annektiert. Damals hatte sich die Bevölkerung der Ukraine mit dem Euromaidan mehr in Richtung Europa orientiert und den prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch aus dem Amt getrieben.
„Wir wussten nur, dass es sich um russisch-nationalistische Kräfte handelt“, sagte Sergej Aksjonow über die schwer bewaffneten Gruppen, die am 27. Februar 2014 die Regionalregierung der Krim stürmten, gegenüber der britischen Zeitung Times. Ob Aksjonow, der sich an diesem Tag von einem selbst ausgewählten Gremium zum neuen Premierminister der Krim „wählen“ ließ, die Milizen befehligt hatte, ist unklar.

In derselben „Sitzung“ wurde wohl auch beschlossen, dass über die Abspaltung der Krim ein Referendum abgehalten werden sollte, wie die Times schreibt. Es folgte ein Scheinreferendum, das sich im Jahr 2022 im Donbass im Osten der Ukraine in ähnlicher Form wiederholen sollte.
Krim als Polen von 1939? Hastings zieht Vergleich zum zweiten Weltkrieg
In der australischen Wirtschaftszeitung Australian Financial Review zog der Militärjournalist und Historiker Max Hastings nun eine Parallele zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der heutigen Krim-Situation. Dass Truppen aus Frankreich nach dem Angriff von Hitler-Deutschland auf Polen (1939) lediglich fünf Kilometer in Richtung Polen vorrückten und die ausbleibende „sofortige Bomberoffensive gegen Deutschland“, verglich Hastings mit der heutigen „nicht ganz so vorbehaltlosen Unterstützung für die Ukraine“ der westlichen Staaten.
Das ist wahr. Aber so wie die meisten Völker der Demokratien 1945 nicht bereit waren, einen neuen Krieg für Polen zu führen, so scheint es unwahrscheinlich, dass sie heute einen Kampf bis zum Ende unterstützen werden, um die Krim zu befreien. Das ist hässlich, aber es ist eine Realität, die nicht rückgängig gemacht werden kann.
Die Satellitenstaaten der Sowjetunion hätte nur vor dem Schlund Stalins bewahrt werden können, wenn der D-Day bereits ein Jahr früher (1943) stattgefunden hätte. Ähnlich sei es in der heutigen Zeit mit Putins Eroberung der Krim, so Hastings Argumentation. Daher sei es für die Ukraine schon „zu spät“, um die Halbinsel zurückzuerobern. Ebenso sei dies auch für den Donbass unwahrscheinlich.
US-General widerspricht: „Eine grobe Fehlinterpretation der Geschichte“
Der Kommentar des Historikers stieß in den USA nicht gerade auf Wohlwollen. Der ehemalige Kommandeur der in Europa stationierten amerikanischen Truppen, Ben Hodges, schrieb über die Ausführung von Hastings auf Twitter: „Eine grobe Fehlinterpretation der Geschichte durch einen einst berühmten Historikers.“
Hastings überschätze Russland und unterschätze die Ukraine, so Hodges weiter. Außerdem würde keiner der Faktoren, die der Historiker anführt, mit der Situation in der Ukraine übereinstimmen. (Lucas Maier)
Zuletzt hatte Kiew erstmalig seit Beginn des Ukraine-Kriegs Verhandlungen über die Krim angedeutet.