Panzer in der Ukraine noch nicht einsatzfähig

Die Ukraine bekommt moderne Kampfpanzer von ihren westlichen Verbündeten. Der großflächige Einsatz an den Frontlinien lässt aber noch auf sich warten.
München – Nach monatelangen Diskussionen und einer hitzigen Debatte hat sich der Westen im Januar dazu entschlossen, die Ukraine in ihrem Kampf gegen Kreml-Chef Wladimir Putins Armee mit modernen Kampfpanzern zu versorgen. Inzwischen liefern dutzende Länder einschließlich Deutschland Leopard-2-Panzer, wobei die USA Kiew mit Abrams-Panzern unterstützen. Die Lieferungen laufen bereits, doch die Ankunft an den tatsächlichen Frontlinien dauert wohl noch mehrere Monate.
Ukraine-Krieg: Ausbildung verzögert den Einsatz westlicher Panzer
So wird nicht erwartet, dass sich die Lieferung von Panzern sofort auf den Ukraine-Krieg auswirkt, wie der US-Sender CNN unter Berufung auf Experten berichtete. Ein Grund hierfür ist der Ausbildungs- und Lernaufwand bei den modernen westlichen Kampfpanzern. Denn ihre Effektivität beruht nicht nur auf Waffensystemen oder der kräftigen Panzerung, sondern in erster Linie auf den komplexen Computersystemen an Bord. Sie ermöglichen es, feindliche Ziele ausfindig zu machen und mit den Waffen des Panzers unter Beschuss zu nehmen.
Die Nutzung dieser elektronischen und weiteren Systeme sowie ihre Wartung und Reparatur erfordern intensives Training. Die Ausbildung der Panzerbesatzung reicht aber noch lange nicht aus, denn hinzu kommt das logistische Netz, das für die Anschaffung etwa von Ersatzteilen wichtig ist. Dieses Netz zwischen den USA, Europa und der Ukraine erstreckt sich dabei über hunderte, sogar mehrere tausend Kilometer. Alle Beteiligten müssen eine detaillierte Ausbildung durchlaufen, um einen reibungslosen Ablauf garantieren zu können. Das nimmt Zeit in Anspruch und verzögert den Einsatz an der Frontlinie.
Doch Experten weisen darauf hin, dass diese Schritte zwingend nötig sind. „Ich würde sagen, dass die Fähigkeit, ukrainische Soldaten bei der Versorgung von gelieferten Panzern zu trainieren, fast schon wichtiger ist als die Art der Panzer, die sei einsetzen“, sagte etwa der Militärexperte und britische Ex-Soldat Nicholas Drummond CNN.
Ukraine-Krieg: Logistische Herausforderungen beim Einsatz westlicher Panzer
Die logistischen Herausforderungen an sich sind eine Hürde für den schnellen Einsatz der westlichen Panzer an den Frontlinien. Die Kriegsgeräte müssen erstmal gewartet und die langen Lieferketten in Gang gebracht werden. Besonders bei den amerikanischen Abrams-Panzern könnte die Lieferung von Ersatzteilen aus den USA Probleme bereiten.
Das Pentagon sei zwar gut im Lösen logistischer Probleme, räumte Analyst Drew Thompson von der National University of Singapur ein. „Aber das Risiko ist sowohl für die USA als auch für die Ukraine hoch“, erklärte er CNN. Ersatzkomponenten werden sehr wahrscheinlich entweder direkt in die Ukraine oder nach Polen geliefert werden.
Im Gegensatz zu den amerikanischen Abrams blickt Thompson optimistischer auf die Wartung und Reparatur der Leopard-Panzer. Immerhin setze man die Panzer in 13 europäischen Ländern ein. Die kürzere Lieferkette und das kompaktere logistische Netz vereinfachen die Bereitstellung von Ersatzteilen erheblich. Der britische Ex-Soldat Drummond, der zudem als Berater für Rheinmetall tätig ist, äußerte sich ähnlich. Allein dass 4000 Panzer verfügbar seien, mache die Wartung weniger anfällig für Probleme. Ersatzteile seien somit „aus mehreren Quellen“ zu haben, so der Experte.
Ex-US-General warnt: „Es könnte zu einem Desaster und einem Fehlschlag“ führen
Indes bemühen sich die USA, die Abrams-Panzer so schnell wie möglich auf das Schlachtfeld zu bringen. Im Mai will Washington 31 Panzer des Typs M1A1-Abrams nach Grafenwöhr in Deutschland verlegen, wo rund 250 ukrainische Soldaten 10 Wochen lang von US-Soldaten an der Nutzung der Kriegsgeräte ausgebildet werden sollen. Dies teilte ein US-Beamter gegenüber dem Sender CNN mit.
Ex-US-General und ehemalige Befehlshaber amerikanischer Truppen in Europa, Mark Hertling, hatte zuvor davor gewarnt, die Lieferung und den Einsatz von Panzern zu überstürzen. Diejenigen, die „Gebt ihnen einfach die verdammten Panzer“ sagten, seien sich sehr wahrscheinlich nicht bewusst, was nötig sei, damit der Einsatz der Panzer auch gelinge.
„Mach im Kampf ein paar Sachen falsch und es führt zu einem Desaster und einem Fehlschlag“, sagte Hertling in einem Interview mit CNN und ergänzte: „Tödliche Panzer verwandeln sich dann in Bunker, die sich nicht mehr bewegen oder schießen.“ (bb)