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Chemiewaffen-Einsatz in Mariupol? Zweifel an Bericht des rechtsextremen Regiments Asow

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Von: Katja Thorwarth

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Eine russische Drohne „giftige Substanzen“ über Mariupol versprüht haben. Berichte werden vom ukrainischen Verteidigungsministerium bislang nicht bestätigt.

+++ 11.40 Uhr: Die stellvertretende Verteidigungsministerin hat den Einsatz von Chemiewaffen noch nicht bestätigt. Möglicherweise handele es sich um Phosphormunition. Wie das Nachrichtenportal The Kyiv Independent zitiert, sagte demnach Verteidigungsministerin Anna Malyar, dass die Informationen noch überprüft werden, aber die vorläufigen Daten darauf hin deuteten, dass in Mariupol Phosphormunition eingesetzt wurde.

Auch prorussische Separatisten haben den Vorwurf zurückgewiesen, sie hätten einen Giftgasangriff in der Hafenstadt Mariupol ausgeführt. Eduard Bassurin, ein Sprecher der Donezker Separatisten, sagte der russischen Agentur Interfax am Dienstag: „Die Streitkräfte der Donezker Volksrepublik haben in Mariupol keine chemischen Waffen eingesetzt.“

Chemiewaffen-Einsatz in Mariupol? Zweifel an Bericht des rechtsextremen Regiments Asow

Erstmeldung vom Dienstag, 12.04.2022: Kramatorsk/Moskau – Im Ukraine-Krieg* versucht Großbritannien* Berichte zu verifizieren, wonach Russland bei einem Angriff auf die belagerte ukrainische Stadt Mariupol chemische Waffen eingesetzt haben soll. „Es gibt Berichte, dass die russischen Streitkräfte bei einem Angriff auf die Bevölkerung von Mariupol chemische Kampfstoffe eingesetzt haben könnten“, schrieb Außenministerin Liz Truss am Montagabend auf Twitter.

„Wir arbeiten dringend mit Partnern zusammen, um die Details zu überprüfen“, erklärte Truss zu dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz. „Jeder Einsatz solcher Waffen wäre eine gefühllose Eskalation in diesem Konflikt, und wir werden Wladimir Putin* und sein Regime zur Rechenschaft ziehen“, so die britische Außenministerin.

Ukraine-Krieg: Gründer des Regiment Asow spricht von Drohne mit „giftigen Substanzen“

Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte am Montagabend, auch Washington habe unbestätigte Informationen über einen Chemiewaffenangriff in der strategisch wichtigen Stadt. „Wenn diese Informationen wahr sind, sind sie sehr besorgniserregend“, sagte er. Er verwies auf „Bedenken“ des US-Militärs, dass Russland* „verschiedene Mittel“, „insbesondere Tränengas gemischt mit chemischen Kampfstoffen, in der Ukraine einsetzen könnte“.

Mariupol ist im Ukraine-Krieg durch Russland weitestgehend zerstört worden.
Mariupol ist im Ukraine-Krieg durch Russland weitestgehend zerstört worden. © Planet Labs Pbc/dpa

Das als rechtsextrem geltende ukrainische Asow-Bataillon*, das in Mariupol kämpft, hatte am Montag im Messengerdienst Telegram erklärt, eine russische Drohne habe eine „giftige Substanz“ auf ukrainische Soldaten und Zivilisten abgeworfen. Betroffene hätten danach unter Atemproblemen und neurologischen Problemen gelitten. Der rechtsextreme Batallionsgründer Andrej Biletsky sagte in einer Videobotschaft: „Drei Menschen haben deutliche Anzeichen einer Vergiftung durch Kriegschemikalien, aber ohne katastrophale Folgen.“ Die Angaben konnten bislang nicht verifiziert werden.

Über das Regiment Asow

Das Regiment Asow gilt als ultranationalistisch und vertritt teils offen rechtsextreme Positionen. Darüber hinaus werden dem Regiment Asow Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Gründer Andrej Biletsky ist neben seiner Aktivitäten im Regiment Asow als Politiker aktiv. Im Oktober 2016 wurde Bilezkyj zum Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Nationales Korpus gewählt. Nach der Parlamentswahl 2019 verlor er sein Abgeordnetenmandat. Politische Beobachter bezeichnen Bilezkyj als Neonazi.

Ukraine-Krieg: Pro-russischer Separatist hatte Chemiewaffeneinsatz angesprochen

Der Vertreter der in Mariupol kämpfenden pro-russischen Separatisten, Eduard Basurin, hatte am Montag die Möglichkeit eines Chemiewaffeneinsatzes in der Stadt angesprochen. Demnach könnten die Separatisten sich "an chemische Truppen wenden, die einen Weg finden werden, die Maulwürfe in ihren Löchern auszuräuchern", zitierte ihn die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti.

Knapp sieben Wochen nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist die militärische Lage in Mariupol prekär. Die verbliebenen ukrainischen Soldaten in der Stadt erklärten am Montag, sie bereiteten sich auf die „letzte Schlacht“ vor. Die Vorräte gingen aus und die Hälfte der Soldaten sei verwundet. Pro-russische Separatisten aus der Region Donezk meldeten zudem die Einnahme des Hafens von Mariupol.

Ukraine-Krieg: Kampf um Mariupol – Stadt weitestgehend zerstört – „Mindestens“ 10.000 Tote?

Die ukrainische Armeeführung erklärte unterdessen auf Telegram: „Die Verteidigung von Mariupol geht weiter.“ Die Verbindung zu den Truppen dort sei „stabil“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj* forderte am Montagabend in einer Videoansprache mehr Waffen von seinen Verbündeten, um die „Blockade“ von Mariupol zu beenden.

Inzwischen ist die einst mehr als 400.000 Einwohner zählende Stadt weitgehend zerstört, die humanitäre Lage katastrophal. Selenskyj sprach in einer Videoansprache vor dem südkoreanischen Parlament von„mindestens zehntausenden“ Toten durch die russische Belagerung. (ktho/AFP) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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