Die plötzliche Kehrtwende der Marine Le Pen

Die rechtsextreme französische Präsidentschaftskandidatin nimmt nun doch an der Rede von Wolodymyr Selenskyj vor dem Parlament teil.
Paris - Marine Le Pen* hat Großes vor. Nach zwei vergeblichen Anläufen in den Jahren 2012 und 2017 hofft die Politikerin der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN) darauf, im dritten Versuch in Frankreich* zur Präsidentin gewählt zu werden. Als Kandidatin um das höchste Amt des Landes ist allerdings Fingerspitzengefühl im Umgang mit anderen Staatsoberhäuptern gefragt. Doch im Ukraine-Konflikt* hat Le Pen damit so ihre Probleme.
Bezeichnend dafür ist ihr Verhalten vor der Rede von Wolodymyr Selenskyj, der nach seinen Auftritten vor dem US-Kongress und dem Deutschen Bundestag nun auch vor dem französischen Parlament sprechen wird. Die Rede ist für Mittwoch (23.03.2022) geplant. Zunächst einmal erklärte Le Pen, dass diverse anderweitige Verpflichtungen sie daran hindern würden, während der Videobotschaft des ukrainischen Präsidenten persönlich anwesend zu sein.
Sie halte es nicht für notwendig, ihre Unterstützung für Selenskyj zu zeigen, sagte Le Pen. Sie bewundere Selenskyj nicht besonders, sagte sie am Montagmorgen auf France Info. Er verhalte sich wie ein Staatsoberhaupt, „und das sollte nicht unsere Bewunderung hervorrufen“.
Marine Le Pen | |
Geboren | 5. August 1968 |
Geburtsort | Neuilly-sur-Seine, Frankreich |
Partei | Rassemblement National |
Frankreich: Marine le Pen nimmt nun doch an Selenskyjs Rede teil
Allerdings sorgte ihre Absage für viel Kritik – für so viel Kritik offenbar, dass Le Pen plötzlich eine Kehrtwende machte. Ein Sprecher der rechtsextremen Politikerin kündigte jetzt jedenfalls an, dass Marine Le Pen selbstverständlich doch an Selenskyjs Rede teilnehmen werde. „Wir hatten einfach nicht gedacht, dass wir so viele geplante Interviews verschieben können, darunter auch eines mit einer ausländischen Station“, sagte er.
Ohnehin hat Le Pen bisher nur recht wenig Sympathien für Selenskyj erkennen lassen. Zudem hat sie die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland* in Frage gestellt und davor gewarnt, dass Frankreich wegen steigender Gas- und Rohstoffpreise einen „politischen Selbstmord“ begehe.
Marine Le Pen: Handschlag mit Putin sorgt für Wirbel im Wahlkampf
Auch eine Broschüre ihrer Partei sorgte für großen Wirbel in Frankreich. Darin war nämlich ein Foto abgedruckt, das Marine Le Pen beim Handschlag mit Wladimir Putin* zeigt. Die Auflage betrug 1,2 Millionen Stück. Wie die Zeitung Liberation berichtete, sollten die bisher nicht verteilten Exemplare im Lager bleiben – und zwar, wie der RN erkläre, eines Rechtschreibfehlers wegen. Als allerdings keiner gefunden werden konnte, hieß es, die Broschüren würden weiter verteilt.
Anlass des Fotos war ein Besuch Le Pens bei Putin vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich. Damals sprach Le Pen davon, dass Putin für „eine neue multipolare Vision der Welt“ stehe. Auch die Annexion der Krim war für Le Pen kein Problem: „Die Krim gehörte niemals zur Ukraine*“, so Le Pen in einem Interview mit einer russischen Zeitung.
Inzwischen ist Marine Le Pen allerdings von Putin ein wenig abgerückt. Zuletzt nannte sie den russischen Präsidenten einen „Feind Frankreichs und Europas“. (cs)