Deutsche Neonazis wollen in der Ukraine kämpfen

Die Bundespolizei kennt mehr als drei Dutzend Leute aus der extremistischen Szene, die ins Kriegsgebiet reisen wollen. Einige solcher Ausreisen hat sie bereits verhindert.
Kiew – Teile der deutschen Rechtsextremisten-Szene unterstützen die Ukraine gegen den russischen Angriff. Einige ihrer Anhängerinnen und Anhänger versuchen dafür in das Kriegsland zu reisen.
Das ist keineswegs selbstverständlich, denn große Teile der rechtsextremen Szene zeigen seit Jahren eine Nähe zu Russland und seinem Präsidenten Wladimir Putin. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fühlte sich veranlasst darauf hinzuweisen, „dass Rechtsextremisten den Krieg für sich nutzen wollen“. Sie fügte in einem Tweet hinzu: „Die Sicherheitsbehörden schauen sehr genau hin, wer Putins Angriffskrieg verherrlicht.“
Ukraine: Rechtsextreme aus Deutschland wollen mitkämpfen
Doch zugleich gibt es Personen aus der extrem rechten Szene in Deutschland, die die Ukraine unterstützen und deswegen ins Kriegsgebiet reisen wollen. Die deutschen Behörden versuchen nach eigenen Angaben, solche Ausreisen zu unterbinden. Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, berichtete in der vorigen Woche im Innenausschuss des Deutschen Bundestags darüber.
Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau teilte seine Behörde mit, der Bundespolizei lägen Erkenntnisse zu Reiseabsichten von 38 Personen mit extremistischen Bezügen vor, davon 36 Männer und zwei Frauen. Anfang März hatte das Bundesinnenministerium noch von einer „niedrigen einstelligen“ Zahl von ausreisewilligen Rechtsextremist:innen berichtet, die in die Ukraine wollten.
Rechtsextreme wollen in die Ukraine: „Nicht zuzuordnen“
Nach Angaben der Bundespolizei wurden bisher vier Männer an der Ausreise gehindert, davon zwei „mit rechtsextremistischem Hintergrund“. Im Innenausschuss hatte Romann erläutert, dass auch Personen aus der Kategorie „Extremismus – nicht zuzuordnen“ gestoppt worden seien. Unter dieser Kategorie werden etwa Reichsbürger:innen erfasst.
Die Bundespolizei stoppt nach eigenen Angaben die Ausreise von Menschen, „bei denen der Verdacht besteht, dass sie sich an irregulären Kampfhandlungen in der Konfliktregion beteiligen wollen oder Extremismuserkenntnisse vorliegen“. Dann würden die Personaldokumente sichergestellt und in manchen Fällen auch Meldeauflagen verhängt. Allerdings ist der Behörde klar, dass sie nicht alle Ausreiseversuche mitbekommen kann. Denn Kontrollen gebe es an den Binnengrenzen „nur anlassbezogen“.
An Aufrufen an die deutschen Gesinnungsgenoss:innen mangelt es nicht auf einschlägigen Plattformen der sozialen Netzwerke. So ruft ein Anführer der rechtsextremen Kampfsportszene dazu auf, sich als Freiwilliger zu melden.
Geld von Neonazis für die Ukraine
„Ich beobachte eine konstant bekundete Ausreisebereitschaft von Angehörigen der rechtsextremen Szene“, kommentiert die Linken-Bundestagsabgeordnete Martine Renner. Sie gehe davon aus, „dass sich bisher auch schon vereinzelt deutsche Rechtsextreme in der Ukraine aufhalten“. Für die innere Sicherheit in Deutschland sei es notwendig, „die Entwicklung insbesondere mit Blick auf Rückkehrer und Waffen sowie Munition scharf im Blick zu behalten“.
Auch Geld gibt es von Neonazis. So wurde ein Überweisungsbeleg gepostet, mit dem ein ehemaliger NPD-Spitzenfunktionär knapp 1000 Dollar an das Asow-Regiment gespendet haben soll.
Rechtsextreme in der Ukraine: „Erfahrung und Fachkunde“
Ende März hatte die Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg“ berichtet, sie habe eine „Materialspende für die Front“ organisiert und dabei „Kleidung aus Armeebeständen“ nach Kiew gebracht, darunter 800 Kälteschutzanzüge der Bundeswehr und 200 Kampfwesten der britischen Armee. Auch Wärmebildkameras und Funkgeräte wollen die rechten Aktivist:innen geliefert haben. Sie hätten dazu auf die „Erfahrung und Fachkunde“ zurückgegriffen, die einige von ihnen in „ihrer aktiven Zeit bei der Armee“ gesammelt hätten.
Die Linke Renner will nun mit einer Anfrage in Erfahrung bringen, was die Bundesregierung über diesen Vorgang weiß – und ob tatsächlich Material der Bundeswehr genutzt wurde. (Pitt von Bebenburg)