Militärische Hilfe für die Ukraine: Macrons Finte mit Kampfjets

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lässt mit der Entscheidung, Kampfjets für die Ukraine zu stellen, auf sich warten – ein Zeichen an Scholz und Biden?
Paris – Wenn Emmanuel Macron die Möglichkeit einer Kampfjet-Lieferung im Ukraine-Krieg erwägt, merkt die Welt – besonders Washington und Berlin – auf. Wenn der französische Präsident das erwägt, heißt das allerdings noch nicht, dass er kurz vor einer solchen Entscheidung steht.
Der französische Nachrichtensender BFM vermeldete zwar jüngst, dass bilaterale Gespräche stattfinden. Ein formelles Gesuch aus Kiew liegt aber bisher nicht vor. Und ein solches macht Macron zur Bedingung für jede Lieferung von Kriegsgeräten. Des Weiteren hat er verdeutlicht, dass die Übergabe französischer Militärjets an die Ukraine nicht zu einer „Eskalation“ mit Russland führen solle. Und natürlich dürften die Verteidigungskapazitäten der französischen Streitkräfte nicht geschmälert werden, wandte Macron ein.
Frankreich erwägt, ältere Kampfjets vom Typ „Mirage“ bereitzustellen – Bedenken über deren Effektivität
In den französischen Militärstäben rechnet man aber eh nicht mit der Lieferung von Flugzeugen des Typs „Rafale“. Die bilden den Kern von Frankreichs Luftverteidigungskonzepts und sind noch bis 2024 gar nicht in ausreichender Zahl vorhanden. Und so wird eher diskutiert über die Lieferung des „Rafale“-Vorgängers „Mirage 2000“, der letzte Typ aus der weltbekannten „Mirage“-Familie von Kampfflugzeugen. Die französische Luftwaffe besitzt noch 113 Exemplare davon. Die Ukraine hat an der „2000“ auch ihr Interesse angemeldet.
Macrons Militärstrategen melden aber gewichtige Einwände an: Zum einen dauert die Ausbildung von Militärpiloten bis zu acht Monate. Außerdem wären ukrainische „Mirage 2000“ – anders als die „Rafale“ – auf dem gleichen technischen Niveau wie die derzeitige russische Luftabwehr. Ergo wäre ihr Einsatz zumindest waghalsig.
Kampfjets für die Ukraine? Frankreich stärkt vorrangig die bisherigen Hilfsoperationen
Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu legt deshalb mehr Wert auf den Ausbau der bereits laufenden Hilfsoperationen. So liefert Paris zwölf zusätzliche „Caesar“-Sturmhaubitzen, die sich im Einsatz in der Ukraine bereits mehr als bewährt haben. Auch Munition für die 155-Millimeter-Geschütze werde herbeigeschafft, gab Lecornu jetzt bekannt.

Und für Frankreich von nicht geringer Bedeutung: Australien liefert das Pulver in den Granaten. Nachdem die Australier einen U-Boot-Deal mit Frankreich vor einiger Zeit ausschlugen zugunsten eines pazifischen Bündnisses mit den USA und Großbritannien, verstimmte Paris aufs Äußerste.
Macron‘s Zögern bei Kampfjets als Distanzierung von Scholz?
Nun ist also Kooperation wieder angesagt. Auch ein Effekt, den sich Russland so nicht gewünscht haben wird. Und das französische Militär in Polen jeden Monat 600 ukrainische Soldat:innen ausbildet, wird der Kreml auch wahrgenommen haben. Aber französische Jets für Kiew scheinen derzeit reichlich unrealistisch.
Macron hat vielleicht andere denn militärische Gründe für den Gedanken: Er wird wohl ein autoritatives Gegengewicht zu den Protesten gegen seine Rentenreform setzen wollen. Oder er möchte sich weiter von Olaf Scholz abgrenzen. In Paris herrscht wenig Freude darüber, dass sich der Deutsche in der Panzerfrage lieber mit Washington abgesprochen hatte als mit Paris. (Stefan Brändle)