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Ukraine-Gegenoffensive: Krim-Strände als Schützengräben - wo es für Russland eng werden könnte

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Von: Sandra Kathe

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In Vorbereitung auf eine ukrainische Gegenoffensive baut das russische Militär seine Verteidigungslinien aus. Doch Personal und Ausrüstung könnten ausgehen.

Kiew – Mit einer großangelegten Gegenoffensive will die Ukraine russische Truppen zum Rückzug zwingen und von Russland besetzte Gebiete befreien. Das russische Militär dagegen verstärkt in mehreren Regionen seine Verteidigungslinien an der Front. Besonders auffällig sei die Entwicklung in der Region Saporischschja, wo Fachleute den Schwerpunkt der erwarteten Gegenoffensive vermuten, berichtet das Online-Portal Kyiv Independent.

So seien in den vergangenen Wochen entlang der aktuell rund 800 Kilometer langen Frontlinien im Ukraine-Krieg, auf der bereits seit 2014 besetzten Halbinsel Krim sowie auf russischem Staatsgebiet etliche Verteidigungslinien mit Schützengräben, Panzerfallen, Minenfeldern, Truppen- und Ausrüstungsunterständen entstanden. Westliche Fachleute bezweifeln derweil, ob Russland genügend Personal und Ausrüstung für seine geplante Verteidigungsstrategie hat.

Nach Kämpfen in der Region Charkiw haben sich russische Truppen zurückgezogen und Munition und Ausrüstung zurückgelassen.
Nach Kämpfen in der Region Charkiw haben sich russische Truppen zurückgezogen und Munition und Ausrüstung zurückgelassen. (Symbolfoto) © Lev Radin/imago-images.de

Ukraine und Russland: Krim-Strände werden zu Schützengräben umgebaut

Besonders deutlich seien die Entwicklungen auf beiden Seiten in den südlichen Regionen Saporischschja und Cherson sowie auf der besetzten Krim zu beobachten, wo sich die russischen Verteidigungslinien über mehrere Kilometer Breite erstrecken sollen. An den Stränden der bei Urlauberinnen und Urlaubern beliebten Krim sind seit Wochen lange Schützengräben ausgehoben, die die russische Befürchtung einer heftigen ukrainischen Gegenoffensive demonstrieren könnten.

Auch hinter den Frontlinien Saporischschjas seien massive Panzersperren und Verteidigungspositionen aufgebaut worden, mit deren Hilfe die Frontsoldaten sich im Fall einer Gegenoffensive zurückziehen könnten. Dass weitere Truppen hierher verlegt werden könnten, um hinter der Front Verteidigungspositionen zu besetzen, gilt Fachleuten zufolge als wenig wahrscheinlich. Auf dem von Russland besetzten südlichen Dnipro-Ufer in der Region Cherson sollen russische Truppen ganz auf dichte Minenfelder statt Militärpräsenz setzen, um die als unwahrscheinlich geltende Landung ukrainischer Befreiungstruppen zu verhindern, berichtet Kyiv Independent.

Gegenoffensive im Ukraine-Krieg: Rückzugspläne als „einzige Option“ für Russland

Auch in den Regionen Charkiw und Luhansk im Nordosten zeigen Satellitenaufnahmen auf einer 140 Kilometer langen Linie massiv ausgebaute Verteidigungslinien. Frontsoldaten könnten sie im Angriffsfall nutzen, um die Gebiete zu verteidigen. Einer Expertin des US-Think-Tank ISW (Institute for the Study of War) zufolge ist das für die russischen Truppen an dieser Stelle die „einzige Option“. „Wenn ein ukrainischer Durchbruch hier gelingt, könnten ukrainische Truppen rasch in die besetzten Gebiete in der Region Luhansk eindringen“, zitiert Kyiv Independent ISW-Mitarbeiterin Karolina Hird. Personell stark aufgestellt seien die russischen Truppen vor allem an den Fronten in Luhansk - wo die Soldaten allerdings seit Wochen in erbitterte Kämpfe verwickelt sind.

Ähnliches gilt auch für die Region Donezk, wo vor allem die Gegend um Bachmut seit Monaten heftig umkämpft ist. So heftig, dass es laut Kyiv Independent kaum möglich ist, im Osten der aktuellen Kriegsfronten große zusätzliche Defensivmaßnahmen aufzubauen. Rund um das besetzte Donezk, wo Separatisten bereits seit Jahren gegen ukrainische Truppen kämpfen, seien schon längst massive Befestigungsanlagen errichtet, die ukrainische Kräfte aus dem Gebiet fernhalten sollen.

Ukraine-Krieg: Heftige Kämpfe um Wuhledar und Bachmut im Gebiet Donezk

Besonders problematisch sei die Lage für russische Truppen im umkämpften Gebiet Wuhledar, wo seit vergangenem Herbst von heftigen Verlusten für Russland berichtet wird: „Bei den Versuchen, Wuhledar einzunehmen, hat Russland seit Oktober so viele Soldaten verloren, dass ganze Marineinfanterien bereits drei oder vierfach neu besetzt worden sein sollen“, erklärte ISW-Fachfrau Hird. Gerade hier spielten bei den verbleiben Soldaten Erschöpfung, Führungsprobleme und schwindende Moral eine große Rolle.

Mit ersten Gegenangriffen auf russische Militärstellungen haben ukrainische Truppen Berichten zufolge in den vergangenen Tagen vor allem bei Bachmut auf von Russland besetzte Gebiete vorrücken können. Russische Truppen haben sich in den vergangenen Tagen aufgrund von Angriffen auch aus anderen Gebieten zurückgezogen und teils große Mengen intakte Ausrüstung und Munition zurückgelassen. Fachleute vermuten, dass damit die angekündigte Gegenoffensive begonnen haben könnte. (saka)

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