Streit eskaliert: SPD-Chefin Esken will ukrainischen Botschafter Melnyk treffen
Der ukrainische Botschafter kritisiert die Russland-Politik der SPD in der Vergangenheit massiv. Nun ist ein Treffen mit der SPD-Vorsitzenden geplant.
Berlin – „Gerade in Zeiten, in denen uns die Herzen schwer sind und die Debatten manchmal hitzig, ist es umso wertvoller, das offene und vertrauensvolle Gespräch zu pflegen. Danke dafür @MelnykAndrij“, schrieb die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am 19. April auf Twitter, um für Mittwoch ein gemeinsames Treffen anzukündigen. Vorausgegangen war die anhaltende Kritik des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk an der Russland-Politik der deutschen Sozialdemokratie, die am Osterwochenende in den sozialen Medien in einer offenen Auseinandersetzung mündete.
Melnyk hatte insbesondere Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert und in einem Interview formuliert, Steinmeier hätte „seit Jahrzehnten ein Spinnennetz der Kontakte mit Russland geknüpft“. Als der Bundespräsident in die Ukraine reisen wollte, war er schließlich vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgeladen worden. Ex-Außenminister Sigmar Gabriel wies daraufhin die Steinmeier-Kritik zurück und sprach in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenmagazin Spiegel von einem „gezielten Angriffen auf den deutschen Bundespräsidenten“; Melnyk warf er „Verschwörungstheorien“ vor.
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Der Botschafter wiederum reagierte auf Twitter auf Gabriels Text: „Bösartig ist vor allem Ihre und Ihrer SPD-Kumpane jahrelange Putin-freundliche Politik gewesen, die den barbarischen Vernichtungskrieg gegen den Staat, Nation, Kultur, gegen Frauen und Kinder erst herbeigeführt hat.“ Nun also will Saskia Esken die Beziehungen zum ukrainischen Botschafter normalisieren.
Im Vorfeld machte Melnyk deutlich, dass er sich grünes Licht für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine erhoffe. Das schloss Kanzler Olaf Scholz (SPD) allerdings erst am Dienstag (19.04.2022) bereits aus. Waffenlieferungen in die Ukraine aus Bundeswehrbeständen seinen kaum noch möglich. „Hier müssen wir inzwischen erkennen, dass die Möglichkeiten, die wir haben, an ihre Grenzen stoßen“, sagte Scholz.
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Neben schweren Waffen erwarte er außerdem einen Lieferstopp für russisches Gas und Öl, so Melnyk. Dem hat die gesamte Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP auch bereits eine Absage erteilt.
Melnyk hatte in den vergangenen Wochen immer wieder mit scharfen Worten den früheren Russland-Kurs der SPD verurteilt und mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Am Wochenende kam es schließlich zu einem harten Schlagabtausch, als Gabriel den Botschafter Melnyk ebenfalls kritisierte. (ktho/dpa)