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Zur Stadtgrenze „gekrochen“: Wagner-Söldner nach Bachmut „zu erschöpft“ für weitere Einsätze

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Von: Robert Wagner

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US-Experten halten die Wagner-Söldner nach der längsten Schlacht des Ukraine-Krieges für nicht mehr offensivfähig. Derweil ist unklar, ob Bachmuth vollständig erobert worden ist.

Bachmut - Die Schlacht um die ostukrainische Stadt Bachmut gilt als die bisher längste und verlustreichste im Ukraine-Krieg. In der Nacht zum Sonntag (21. Mai) erklärte der Kreml in einem kurzen Statement die seit August 2022 umkämpfte Stadt für erobert und bedankte sich unter anderem bei den „Wagner-Sturmabteilungen“. Die Söldnertruppe unter dem Kommando von Jewgeni Prigoschin war maßgeblich an der Eroberung beteiligt und soll nun völlig aufgerieben sein.

Das geht aus einer Einschätzung des US-amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) hervor. Es sei „unwahrscheinlich“, dass die Söldner der Wagner-Gruppe in ihrem „erschöpften Zustand“ ihre Kämpfe über Bachmut hinaus fortsetzen werden. Durch ihren bedingungslosen Einsatz haben die Wagner-Söldner die russische Offensive in Bachmut maßgeblich vorangetrieben und den Ukrainern hohe Verluste zugefügt - mussten aber auch selbst einen hohen Blutzoll entrichten.

Nach Einschätzung des ISW befanden sich die Wagner-Kräfte nach Monaten des aufreibenden Häuserkampfes an einem Punkt, an dem sie nicht mehr weiterkamen. Keine Woche vor Prigoschins Siegesverkündung hatte der Befehlshaber der ukrainischen Landstreitkräfte Bachmuth als „Mausefalle“ für die Wagner-Söldner bezeichnet. Dank der Unterstützung durch die reguläre russische Armee von den Flanken konnten diese den Kampf jedoch fortsetzen.

Russland verkündet Eroberung von Bachmut, Ukraine dementiert

Gleichzeitg herrscht Unklarheit darüber, inwieweit Bachmut von den Russen tatsächlich erobert ist. Wagner-Chef Prigoschin hatte am Samstag (20. Mai) in einer Videobotschaft die vollständige Eroberung Bachmuts verkündet. „Wir haben die gesamte Stadt vollständig eingenommen, von Haus zu Haus“, zitiert der Tagesspiegel aus dem Video. Das ukrainische Militär dementierte diese Erklärung umgehend. Ukrainische Truppen würden weiterhin in der Stadt kämpfen.

Laut dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek habe Kiew aber zugegeben, dass seine Truppen in Bachmut aus Hochhäusern verdrängt wurden und sich am Rande der Stadt befinden. Ebenfalls am Samstag vermeldeten britische Geheimdienste, dass Russland in den Tagen zuvor seine militärische Präsenz in der Gegend verstärkt habe. Es seien „mehrere Bataillone zur Verstärkung der Bachmut-Front eingesetzt“ worden, so der Tagesspiegel.

Am Montag (22. Mai) erklärte die ukrainische Militärführung laut Newsweek, dass „der Feind weiterhin offensive Aktionen durchführt“ und dass „die Kämpfe um die Stadt Bakhmut weitergehen“. Kiew hatte zuvor erklärt, die Stadt sei nur noch in einem „unbedeutenden“ Teil im Südwesten der Stadt besetzt.

Russischer Militärblogger spricht von einem „Pyrrhussieg“ in Bachmut

Die Wagner-Gruppe hätten wahrscheinlich die westlichen Verwaltungsgrenzen der Stadt gesichert, während die ukrainischen Streitkräfte vorrangig Gegenangriffe in den Außenbezirken der Stadt durchführten, so das ISW in seiner Mitteilung vom 21. Mai. Laut dem Thinktank werden die russischen Streitkräfte wahrscheinlich zusätzliche Verstärkungen benötigen, um die Stadt und ihre Flanken zu halten, „auf Kosten von Operationen in anderen Richtungen“.

Auf diesem vom Prigozhin-Pressedienst via AP veröffentlichten Foto, spricht Jewgeni Prigoschin (M), der Chef des Militärunternehmens Wagner Group, mit einer russischen Nationalfahne in der Hand vor seinen Soldaten.
Jewgeni Prigoschin, Chef der Wagner-Gruppe, spricht mit einer russischen Nationalfahne in der Hand vor seinen Söldnern. © picture alliance/dpa/Prigozhin Press Service/AP | Uncredited

Der Militärblogger und ehemalige russische Kommandeur Igor Girkin sagte laut dem ISW, dass alle russischen Kräfte nach der „unnötigen“ Schlacht um Bachmut „erschöpft“ seien. Die Wagner-Söldner hätten am Stadtrand Halt gemacht und seien zur Grenze der Stadtverwaltung „gekrochen“. Girkin spricht von einem „Pyrrhussieg“, der die Mühe und das Geld nicht wert sei, so Newsweek.

Der von Wagner-Chef Prigoschin für den 25. Mai verkündete Rückzug seiner Söldner-Truppe aus Bachmuth wird für die regulären russichen Streitkärfte Konsequenzen haben, so das ISW. Es werde für diese „noch unwahrscheinlicher“ offensive Militäroperationen durchzuführen, sollte Prigoschin seine Ankündigung in die Tat umsetzen.

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