„Babushka Bataillon“ will Ukraine gegen Russland verteidigen - mit Ausbildung von Neonazis

In der Ukraine werden Anwohnerinnen der Stadt Mariupol vom rechtsextremen Asow-Verband trainiert. Auch ältere Frauen bereiten sich auf eine Invasion vor.
Mariupol – Während sich der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine weiter zuspitzt, planen einige Frauen selbst zu den Waffen zu greifen. Valentyna Konstantinovska ist eine der Frauen, die bereit für eine russische Invasion ist. Neben der 79-Jährigen gibt es in Mariupol noch weitere Babushkas, also ältere Frauen, die ihr Land verteidigen wollen.
Bereits seit 2014, als der Konflikt erstmals ausbrach, assistiert das „Babushka Bataillon“ den Kämpferinnen mit Lieferungen sowie der Herstellung von Netzen oder dem Ausheben von Gräben. Sogar ein Wachturm wurde gebaut. „Ich liebe meine Stadt, ich werde sie nicht verlassen. Wladimir Putin kann uns nicht abschrecken. Ja, es ist fürchterlich, aber wir werden bis zum bitteren Ende hinter unserer Ukraine stehen“, sagte Konstaninovska dem Nachrichtensender Al Jazeera.
Mariupol | |
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Oblast: | Oblast Donezk |
Bevölkerung: | 446.103 (Stand: 2017) |
Fläche: | 203,96 km² |
Ukraine: Babushkas wappnen sich für eine mögliche Invasion Russlands
Geschult werden Valentyna Konstantinovska und die Babushkas durch Mitglieder des Asow-Regiments. Der Verband, der in seinen Reihen viele Ultranationalisten und Neonazis birgt, verfügt sogar über einen kleinen politischen Flügel in der Hauptstadt Kiew. Aufgrund geringer Unterstützung gelang es bei den Wahlen im Jahr 2019 allerdings nicht, Sitze im ukrainischen Parlament zu gewinnen.

Anwohnerinnen und den Babushkas wird nicht nur das Schießen beigebracht, sondern auch Lektionen in Sachen Evakuierung und Überleben. Auch ein Erste-Hilfe-Training durchlaufen die Ukrainer:innen unter der Fittiche der Paramilitärs. In beinahe acht Jahren des Konflikts, sei dies das einzige Art Training, welches man bisher bekommen habe, erzählten die Menschen aus dem südukrainischen Mariupol.
„Seit 2014 träumte ich davon, dass man mir zeigt, wie man eine Waffe benutzt, aber mir wurde immer gesagt, ‚Babushka, dafür bist du zu alt. Der Rückstoß wird dich von den Füßen hauen‘“, sagte Konstantinovska. Fotos zeigen die 79-Jährige auf einer grauen Yoga-Matte, in den Händen hält sie ein AK-47-Maschinengewehr.
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Ultranationalisten und Neonazis aus der Ukraine stecken hinter dem Asow-Regiment
In Mariupol werden die paramilitärischen Kräfte der Asow-Gruppierung häufig als Verteidiger:innen der Stadt angesehen, da diese die Umgebung nach einer kurzen Besetzung durch Separatisten zurückgewinnen konnten. Ihre Basis liegt rund 40 Kilometer entfernt von der Stadt. Im Falle eines russischen Angriff käme die erste Verteidigung wohl durch die circa 80 Freiwilligenbataillonen. In Kiew hat Bürgermeister Vitali Klitschko die Reservist:innen bereits im Januar aufgefordert, sich auf einen russischen Angriff vorzubereiten.
Nachdem Asow 2019 aufgrund von Hassrede auf dem sozialen Netzwerk Facebook gebannt wurde, ist das Regiment auf Instagram umgestiegen. Dort werden auch die Schulungen in Mariupol beworben – eine Beteiligung der Paramilitärs wird dabei jedoch nicht erwähnt. Dementsprechend wissen nicht alle Teilnehmer:innen, wer die Trainingseinheiten eigentlich organisiert. „Das Mutterland verteidigen“ sei schlussendlich aber die einzig wichtige Devise, sagte Konstantinovksa, auch wenn sie mit den rechtsextremen Ansichten der Gruppierung nichts anfangen könne.
Gegründet wurde der Verband von nationalistischen Politikern als Reaktion auf Aggressionen von prorussischen Separatisten im Osten des Landes. Der Verband soll sich in regem Austausch mit rechtsextremen Gruppierungen aus Deutschland wie dem III. Weg und der Identitären Bewegung befinden. Als oberster Kommandeur gilt Andrij Bilezkyj, der auch die „Sozial-Nationale Versammlung“ anführt, ein Zusammenschluss diverser nationalistischer sowie neonazistischer Bewegungen der Ukraine.
Ukraine: Freiwilligenbataillone wollen „bis zum letzten Tropfen Blut“ kämpfen
Liudmyla Smahlenko verlor 2015 einen Verwandten, der im Osten der Ukraine im Kampf gegen durch Russland unterstützte Separatisten fiel. Nach Jahren des freiwilligen Kampfes, habe sie starke, familiäre Gefühle für die Männer der Asow entwickelt, erklärte die 65-Jährige. „Wir sind bereits ein Babushka Battalion. 2014 hoben wir Gräben aus, errichteten Feldbasen und noch immer spenden wir Kissen und Decken, Teller, Tassen – wir bringen ihnen alles, was wir können“, sagte Smahlenko.
„Du versuchst den Soldat:innen zu helfen und sie werden wie deine Kinder. Dann stirbt jemand von ihnen. Viele von ihnen sind nun nicht mehr und es ist jedes Mal so, als stirbt eines deiner Kinder“. Der Verteidigung Mariupols möchte sie daher nicht nur den jungen Menschen überlassen. „Falls Russland einmarschiert, bin ich bereit zu kämpfen, selbst wenn ich in einen Faustkampf gerate. Das sind nicht unsere Brüder“, so Smahlenko.
Mitglieder der Asow-Verband zufolge, wolle man weitere Trainingseinheiten organisieren, um die Bevölkerung bestmöglich auf eine Attacke vorzubereiten. „Wir können unsere Köpfe nicht in den Sand stecken, das wäre unverantwortlich. Daher haben wir diese Veranstaltung heute organisiert, sodass auf unseren Schultern Verantwortung lastet. Wir sind für die Zivilisten hier verantwortlich und sie sollen wissen, dass wir bis zum letzten Tropfen Blut für sie einstehen werden“, sagte ein anonymer Asow-Kommandant gegenüber Al Jazeera. (nak)