1. Startseite
  2. Politik

Ukraine: Separatistenführer ruft auf Telegram zu Waffengewalt auf – Vorwand für Russland?

Erstellt:

Von: Delia Friess

Kommentare

Seit Tagen nimmt die Gewalt in der Ostukraine zu. Den Separatisten zufolge plane die Ukraine einen Angriff auf das Gebiet. Die Vorwürfe wirken wie ein Vorwand für Russland.

Kiew – Seit 2014 kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine unweit der Grenze zu Russland ukrainische Regierungstruppen gegen Separatisten, die die Angliederung an Russland anstreben. Die USA und der Westen unterstützen dabei die Ukraine, während die Separatisten von Russland unterstützt werden.

Die Gewalt soll sich im umkämpften Osten der Ukraine in den letzten Tagen nochmals erhöht haben. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte zuvor von einer deutlichen Zunahme von Verstößen gegen den Waffenstillstand gesprochen. Die Separatisten in dem Gebiet Donezk teilten am Samstagmorgen (19.02.2022) mit, es seien in der Nacht mehrere Dutzend Granaten auf ihr Gebiet abgefeuert worden. Auch die Separatisten im Gebiet Luhansk sprachen von mehreren Verstößen gegen den Waffenstillstand. Diese Angaben ließen sich allerdings nicht unabhängig überprüfen.

Unklar ist, ob es sich bei den Vorwürfen um einen Vorwand zur Invasion Russlands in die Ukraine handeln könnte. Die USA und US-Präsident Joe Biden weisen seit Wochen darauf hin, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen Vorwand für den Einmarsch in die Ukraine suche. So sprach am Mittwoch (16.02.2022) der russische Präsident Wladimir Putin von einem „Genozid“, der in der Ostukraine verübt werde – allerdings ohne Belege zu nennen.

Ukraine-Konflikt: Separatisten rufen Bevölkerung zu Flucht nach Russland auf

Seit Tagen behaupten Separatisten im Osten der Ukraine außerdem, dass die ukrainische Regierung einen Angriff auf das von ihnen beanspruchte Gebiet planen würde. Der Separatistenführer in Donezk, Denis Puschilin, rief die Bevölkerung sogar dazu auf, nach Russland zu flüchten, um möglichen Angriffen zu entgehen. Die Regierung in Kiew wies die Behauptungen mehrfach zurück und rief ihrerseits die Bevölkerung in der Ostukraine dazu auf, den „Besatzern“ keinen Glauben zu schenken.

Die USA sprachen von einem „zynischen“ Manöver, bei dem Menschen als „Unterpfand“ missbraucht würden. Das sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Freitag (18.02.2022) am Rand der Münchner Sicherheitskonferenz. „Es ist zynisch und grausam, Menschen als Unterpfand zu benutzen, um die Welt von der Tatsache abzulenken, dass Russland seine Truppen in Vorbereitung eines Angriffs verstärkt.“

Ukrainische Soldaten begutachten am 14.02.2022 die Einschlagstelle einer Rakete, die in der Nacht in der Nähe ihrer Stellungen an einer Frontlinie außerhalb von Popasna in der Region Luhansk in der Ostukraine eingeschlagen ist.
Ukrainische Soldaten begutachten am 14.02.2022 die Einschlagstelle einer Rakete, die in der Nacht in der Nähe ihrer Stellungen an einer Frontlinie außerhalb von Popasna in der Region Luhansk in der Ostukraine eingeschlagen ist. © Vadim Ghirda/dpa

Separatisten im Osten der Ukraine rufen auf Telegram die Bevölkerung zur Waffengewalt auf

Die Evakuierungs-Ankündigungen der pro-russischen Rebellen seien „ein weiterer Versuch, um durch Lügen und Desinformation zu verschleiern, dass Russland der Aggressor in dem Konflikt ist“, fügte der Sprecher der US-Regierung hinzu. Auch das ukrainische Militär hatte betont, keinen Angriff auf die Region zu planen. Derweil verdichten sich Hinweise, dass Russland seine Truppen nicht wie angekündigt von der ukrainischen Grenze abzieht, sondern weiter aufstockt. Auch Satellitenbilder sollen auf weitere Truppenbewegung Russlands an der Grenze zur Ukraine hinweisen. Auf die noch immer hohe Gefahr eines russischen Einmarsches in die Ukraine wiesen zuletzt auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der Demokrat Joe Biden hin.

Separatistenführer Denis Puschilin rief am Samstag (19.02.2022) dann zu einer „Generalmobilmachung“ auf. Er habe ein entsprechendes Dekret unterzeichnet, schrieb er im Nachrichtenkanal Telegram. „Ich appelliere an alle Männer der Republik, die in der Lage sind, eine Waffe in der Hand zu halten, sich für ihre Familien, ihre Kinder, ihre Frauen, ihre Mütter einzusetzen“, sprach er Zivilisten direkt an. Am Samstag (19.02.2022) wurde auch ein weiterer ukrainischer Soldat durch Separatisten getötet.

Ostukraine: Evakuierungen werden fortgesetzt

Unterdessen sollen die Evakuierungen der Städte und Dörfer in den Regionen Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine fortgesetzt werden. Nach Angaben der Donezker Separatisten vom Samstagmorgen wurden bereits mehr als 6000 Menschen in Sicherheit gebracht, darunter 2400 Kinder. In der Region Rostow im Süden Russlands sollen für diese Menschen Unterkünfte bereitstehen. Der russische Präsident Wladimir Putin soll außerdem angewiesen haben, einen Geldbetrag von rund 100 Euro für die Flüchtlinge aus der Ukraine bereitzustellen.

Ein Friedensplan von 2015, der durch die Vermittlung von Deutschland und Frankreich zustande kam, wird nicht umgesetzt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kündigte zuletzt auf der Münchner Sicherheitskonferenz „präzedenzlose Sanktionen“ gegen Russland im Falle einer Invasion in die Ukraine an. Kanzler Olaf Scholz (SPD) blieb zuletzt bei seiner Haltung und schloss Waffenlieferungen an die Ukraine weiterhin aus. (df)

Auch interessant

Kommentare