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Putin präsentierte verschleppte Kinder auf der Bühne - Kreml findet Vorwurf „aufgeblasen“

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Von: Stephanie Munk

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Putin soll die Verschleppung von Kindern nach Russland unterstützt haben, präsentierte sogar ukrainische Kinder bei einem Auftritt. Der Kreml findet die Vorwürfe übertrieben.

Moskau - Russlands Präsident Wladimir Putin steht seit Freitag (18. März) unter Haftbefehl: Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag klagte ihn wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen an. Der Vorwurf: Putin sei verantwortlich, dass ukrainische Kinder aus besetzten Gebieten rechtswidrig nach Russland verschleppt wurden. Er habe davon gewusst und die Deportationen sogar unterstützt, davon ist das internationale Gericht überzeugt.

Völlig unverhohlen demonstrierte Putin dies bei einer großen Propagandashow zum Kriegs-Jahrestag im Moskauer Luschniki-Stadion im Februar 2023: Dort wurden vor Tausenden von Zuschauern Kinder auf der Bühne gezeigt, die vom russisch besetzten Mariupol nach Russland gebracht worden waren, Kleinkinder genauso wie Jugendliche. Eines der Kinder, ein 15-jähriges Mädchen, trat sogar ans Mikrofon, und dankte den russischen Soldaten unter Tränen dafür, sie aus Mariupol „gerettet“ zu haben.

Ukrainische Kinder umarmten zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs im Moskauer Luschniki-Stadion einen russischen Soldaten.
Ukrainische Kinder umarmten zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs im Moskauer Luschniki-Stadion einen russischen Soldaten. © Screenshot Twitter

Ukrainisches Mädchen weint auf Bühne - vor Rührung oder Verzweiflung?

Es ist wahrscheinlich, dass die 15-Jährige bei ihrem Auftritt nicht Tränen der Rührung angesichts ihrer angeblichen „Rettung“, sondern Tränen der Verzweiflung vergoss. Denn laut einem Bericht des Deutschlandfunks recherchierten Medien, dass die Mutter des Mädchens durch Splitter einer russischen Bombe auf Mariupol starb.

Ein ukrainischer Twitter-Nutzer will außerdem einen anderen Jugendlichen auf der Bühne erkannt haben. Er schrieb unter ein Video der Szene: „Das Gräuel liegt darin, dass dies keine Schauspieler sind, sondern wirklich Kinder aus Mariupol. Zumindest ist dieser Teenager mit schwarzer Mütze und grauer Jacke, der den Besatzer umarmt, Kostya, mein Nachbar. Wir wohnten im selben Haus und im ersten Kriegsmonat im selben Bunker.“ Diese Angabe ist nicht unabhängig überprüft.

Plattform meldet über 16.000 nach Russland verschleppte Kinder

In der Ukraine gelten nach einem Jahr Krieg mehr als 16.000 Kinder als verschleppt. Ihre Namen sind auf der Homepage „Children of War“ aufgelistet, die im Auftrag des ukrainischen Präsidialamts eingerichtet wurde. Die nach Russland gebrachten Kinder kommen offenbar aus Waisenhäusern, Internaten, Pflegeeinrichtungen oder wurden durch den Ukrane-Krieg von ihren Eltern getrennt. Laut einem Bericht der FAZ soll es Fälle geben, in denen die Staatsbürgerschaft der ukrainischen Kinder einfach geändert wurde, nachdem sie ihre Pässe hatten abgeben müssen.

Verschleppte Kinder im Ukraine-Krieg: Russland inszeniert sich als Retter

Russland inszeniert sich dabei als Retter, der die ukrainischen Kinder vor Angriffen in Sicherheit bringe. Bald nach Kriegsbeginn unterzeichnete Putin einen Erlass, wonach Kinder aus der Ukraine vereinfacht adoptiert werden können. Laut FAZ können russische Familien angeblich teils allein durch Videogespräche entscheiden, welches Kind aus den besetzten ukrainischen Gebieten sie adoptieren wollen. Andere würden auch vom Staat dazu genötigt, ukrainische Kinder aufzunehmen.

Die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa verkündete bereits zwei Monate nach Kriegsbeginn, dass mehr als 150.000 Kinder der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk nach Russland „evakuiert“ worden seien. Auch gegen sie hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl erlassen. Laut FAZ hat Lwowa-Belowa nach Kriegsbeginn selbst einen 16 Jahre alten ukrainischen Jungen aus Mariupol adoptiert.

Kreml bezeichnet Vorwurf der Kinder-Verschleppungen als „aufgeblasen“

Trotz all dieser offensichtlichen Belege für Kinderdeportationen nach Russland bezeichnet der Kreml die internationalen Haftbefehle gegen Putin und Maria Lwowa-Belowa als „empörend“ und „inakzeptabel“. Russland erkennt den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht an, genauso wenig wie dies China und die USA tun.

Am Dienstag (21. März) gab Russland bekannt, die Vorwürfe gegen Russland vor dem UN-Sicherheitsrat zum Thema machen zu wollen. Der russische Vertreter bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensja, erklärte laut der russischen Nachrichtenagentur Tass, der Vorwurf gewaltsam nach Russland gebrachter Kinder sei „völlig aufgeblasen“.

Russland habe vor, die Kinder in die Ukraine zurückzubringen, wenn die Bedingungen dort sicher genug seien, behauptet Nebensja. „Wir wollten ihnen die Gefahr ersparen, die militärische Aktivitäten darstellen könnten“, wird der Botschafter zitiert. Russland habe schon lange vor dem Erlass der Haftbefehle vorgehabt, das Thema im UN-Sicherheitsrat zu besprechen.

Unterdessen besuchte Japans Regierungschef am Dienstag (21. Juni) die Ukraine - unter anderem war er in Butscha, wo Russland ebenfalls grausame Kriegsverbrechen an Zivilisten vorgeworfen werden. (smu)

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