1. Startseite
  2. Politik

Von der Leyen in Kiew: Noch keine Empfehlung zum EU-Antrag der Ukraine

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Diana Rissmann

Kommentare

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in Kiew zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in Kiew zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. (Archivfoto) © ZUMA Press/Imago Images

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Samstag zu Gesprächen über den EU-Beitrittsantrag der Ukraine in Kiew eingetroffen. Es geht um letzte Fragen.

Update vom Samstag, 11. Juni, 20.30 Uhr: Auch nach dem zweiten Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde noch keine Empfehlung für den EU-Beitrittsantrag der Ukraine ausgesprochen. Dieser soll noch bis Ende nächster Woche einer Begutachtung der EU-Kommission unterzogen werden.

Bei ihrem Besuch in Kiew lobte von der Leyen die gut funktionierende Verwaltung, appellierte jedoch zugleich an das Land, den Rechtsstaat zu stärken und die Korruption zu bekämpfen. Grundsätzlich würdigte sie die „enormen Anstrengungen und die Entschlossenheit“ der Ukraine auf dem Weg in die EU, ließ jedoch offen, welche Empfehlung ihre Behörde kommende Woche abgeben wird.

Denkbar wäre der Status eines „potenziellen Beitrittskandidaten“ oder eine Verschiebung der Entscheidung. Auf Grundlage der Empfehlung müssen dann die EU-Staaten beim Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni einstimmig darüber entscheiden, wie es weitergeht.

Ukraine-News: Von der Leyen zu Gesprächen über EU-Beitrittsantrag in Kiew

Erstmeldung von Samstag, 11. Juni, 11.55 Uhr: Kiew – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Samstag (11. Juni) zu Gesprächen über den EU-Beitrittsantrag der Ukraine in Kiew eingetroffen. Die deutsche Spitzenpolitikerin wollte in der Hauptstadt des von Russland angegriffenen Landes mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Ministerpräsident Denys Schmyhal unter anderem noch offene Punkte des Aufnahmegesuchs erörtern. Zudem sollte es um die langfristige Hilfe der EU bei der Beseitigung der Kriegsschäden gehen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

„Wir werden eine Bestandsaufnahme der für den Wiederaufbau benötigten gemeinsamen Anstrengungen und der Fortschritte der Ukraine auf ihrem europäischen Weg vornehmen“, sagte von der Leyen zu ihrer Ankunft in Kiew am Samstagvormittag. „Dies wird in unsere Bewertung einfließen, die wir demnächst vorlegen werden.“

Soll der Ukraine der Status als Kandidat für einen EU-Beitritt gewährt werden? Dazu wird die EU-Kommission voraussichtlich am kommenden Freitag (17. Juni) ihre Einschätzung veröffentlichen. Geknüpft an eine solche Empfehlung wären wohl Reformzusagen in Bereichen wie der Rechtsstaatlichkeit oder dem Kampf gegen Korruption.

EU-Beitritt der Ukraine birgt politischen Sprengstoff

Innerhalb der EU birgt diese Frage jedoch erheblichen Sprengstoff - für die EU-Kommission ist es eine Herausforderung, bei ihrer Empfehlung die Interessen aller Länder zu berücksichtigen. Staaten wie Estland, Litauen und Lettland, aber auch Italien oder Irland machen sich nachdrücklich dafür stark, die Ukraine zügig zum EU-Kandidaten zu machen. Das sei „eine wichtige politische Botschaft, die wir so schnell wie möglich senden müssen“, sagte der litauische Staatspräsident Gitanas Nauseda am Dienstag (07. Juni) nach Gesprächen mit Bundeskanzler Olaf Scholz.

Bundeskanzler Olaf Scholz gegen Sonderregeln für die Ukraine beim EU-Beitritt

Eine offene Ablehnung gegen die Ukraine als Beitrittskandidat gab es zuletzt wenig, doch sind einige Staaten - darunter unter anderem Frankreich und die Niederlande - mindestens skeptisch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bislang nicht klar Stellung bezogen, jedoch betont, dass er keine Sonderregeln für einen beschleunigten EU-Beitritt der Ukraine akzeptieren werde. Dabei verwies er auch darauf, dass dies nicht fair gegenüber den sechs Länder des westlichen Balkan sei, die ebenfalls auf einen Beitritt zur EU hoffen. Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien sind bereits EU-Beitrittskandidaten. Das Kosovo und Bosnien-Herzegowina warten noch auf diesen Status. Die Annäherung stockt seit Jahren, Scholz will für eine neue Dynamik sorgen. Er war am Wochenende in Balkanstaaten unterwegs.

Die Entscheidung darüber, ob die Ukraine den Kandidatenstatus bekommt, liegt bei den EU-Staaten und muss einstimmig getroffen werden. Der EU-Gipfel am 23./24. Juni soll sich damit befassen - die Ansichten der Länder gehen jedoch teils weit auseinander, obwohl die Entscheidung über den Kandidatenstatus die Aufnahmeentscheidung nicht vorwegnimmt und auch nicht mit einem Zeitrahmen verbunden ist. So ist die Türkei beispielsweise bereits seit 1999 EU-Beitrittskandidat.

Ukraine hat EU-Beitrittsantrag im März gestellt

Kurz nachdem sich Ende Februar der Ukraine-Konflikt mit dem Einmarsch Russlands zu einem Krieg ausgeweitet hat, hatte die Ukraine einen Antrag auf Annahme in die EU gestellt. Die EU-Staaten beauftragten die EU-Kommission, sich damit zu befassen und eine Empfehlung abzugeben.

Die Erwartungen der Ukraine an eine Annäherung an die EU sind riesig. Der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk machte kürzlich im Europaparlament deutlich, dass es dabei auch um die Moral des ukrainischen Volks geht: „Wir brauchen diesen Ansporn, wir brauchen diesen Beitrittskandidatenstatus. Das muss das ukrainische Volk aus Europa hören“, sagte er. Präsident Selenskyj macht immer wieder Druck und sagte jüngst, die EU könne einen historischen Schritt unternehmen und beweisen, dass Worte über die Zugehörigkeit des ukrainischen Volkes zur europäischen Familie nicht bloß leere Worte seien.

Von der Leyen besucht bereits zum zweiten Mal seit Kriegsausbruch die Ukraine

Von der Leyens Reise nach Kiew ist bereits ihre zweite seit Beginn des Kriegs am 24. Februar. Sie wurde aus Sicherheitsgründen im Vorfeld nicht öffentlich angekündigt. Im April hatte von der Leyen unter anderem den Kiewer Vorort Butscha besucht, in dem kurz zuvor Kriegsverbrechen öffentlich geworden waren. Selenskyj überreichte sie damals den Fragenkatalog, der für die Bewertung ihrer Behörde der ukrainischen EU-Ambitionen maßgeblich ist. „Wir stehen an eurer Seite, wenn ihr von Europa träumt“, sagte sie damals. Ihre Botschaft laute, „dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört.“ (dir mit dpa)

Auch interessant

Kommentare