Erdogan vor erneutem Triumph?

Für Erdogan droht bei der nächsten Wahl in der Türkei eine Niederlage. Doch offenbar holt er jetzt auf. Ein Oppositionsberater warnt das eigene Lager.
Frankfurt – Wegen schweren wirtschaftlichen Problemen und dem ungeordneten Strom von Flüchtlingen aus Kriegsregionen steht die Regierung vom türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan mächtig unter Druck. Bei der 2023 Türkei-Wahl am 14. Mai erhofft sich das Oppositionsbündnis aus sechs Parteien daher einen starken Sieg.
Allerdings hat die Opposition bis heute noch keinen Kandidaten festlegen können. Jetzt droht sogar ein Streit innerhalb des Bündnisses. Wegen internen Differenzen in der Opposition und einem fehlenden Kandidaten holt Erdogan offenbar schnell auf. Ein Berater des oppositionellen Istanbuler Bürgermeisters hat nun eindringlich gewarnt: Erdogan könnte wieder gewinnen.
Türkei-Wahl: Erdogan schließt Differenz zur Opposition – Imamoglu-Berater mit eindringlicher Warnung
Der Kommunikationsexperte Necati Özkan ist politischer und strategischer Berater des bei den Oppositionswählern beliebten Imamoglu. Im Gespräch mit dem Nachrichtenportal Daktilo1984 kritisierte Özkan die langsame Vorgehensweise der Opposition. Ihm zufolge lässt sie sich zu viel Zeit. „Wenn man in der Opposition ist, muss man früh anfangen“, sagte Özkan. Um von verschiedenen Wählerkreisen kleine Gruppen für sich gewinnen und eine starke Geschichte über den eigenen Kandidaten schaffen zu können, müsse man früh anfangen. Bei der Opposition fehlt allerdings jede Spur von Erdogans Wahlgegner.
Schon bei seinen Zeitungsbeiträgen im April und Mai 2022 habe er genau darauf hingewiesen. „Ich warne die Opposition seit Monaten“, so Özkan. Damals habe es noch einen Unterschied von mehr als 20 Prozentpunkten zwischen der Erdogan-Regierung und der Opposition gegeben. „Heute ist mehr als die Hälfte dieser Differenz verschwunden“, räumte der Berater ein und lieferte auch gleich Gründe: „Die Opposition hat das Feld leer gelassen und die Regierung hat in dieser Leere mit ihrer Wahlkampagne begonnen.“ Dabei habe man mit mehreren überzeugenden Projekten die Wähler wieder an sich gebunden.
Wahlen in der Türkei: Erdogan wohl „nah am Sieg“ – Oppositionsberater kritisiert eigenes Lager
Einerseits beseitige die Erdogan-Regierung die starken Kandidaten vom oppositionellen sogenannten „Sechser-Tisch“, indem er die Justiz als Waffe einsetze. Damit dürfte er Imamoglu meinen, der zuletzt wegen angeblicher Beleidigung zur Haftstrafe verurteilt wurde. Andererseits entwickle Erdogan seine eigene, „positive Kampagne“ weiter. „Jetzt sieht man die Ergebnisse hiervon“, so Özkan.
Er warnte die Opposition: „Wir können nicht sagen, dass die Regierung gewonnen hat, aber sie hat großteils aufgeholt und ist nah am Sieg.“ Die Oppositionsparteien dürften daher von nun an „keineswegs“ Fehler machen. Zudem dürfe die Opposition auch keine Zeit verlieren. Mit seiner Warnung ist Özkan nicht allein. Schon im Dezember hieß es im oppositionellen Sender Halk TV, Erdogan lege beim Wahlkampf wieder zu. Chef des Meinungsforschungsinstituts Yöneylem, Derya Kömürcü, gab an, dass unentschlossene Wähler zu Erdogans islamisch-konservativer AKP zurückkehren würden. Er forderte die Opposition dazu auf, das „Durcheinander“ in den eigenen Reihen zu beseitigen. (bb)