Wahlgeschenk für Erdogan? Experten zweifeln an niedrigen Inflationszahlen in der Türkei
Die staatliche Statistikbehörde gibt die Inflation mit 43,68 Prozent an. Unabhängige Experten gehen jedoch von mehr als dem Doppelten aus. Ein Wahlgeschenk für Erdogan vor der Türkei-Wahl?
Ankara/München – Kurz vor der Türkei-Wahl verkündet das staatliche Statistikamt TÜIK gesunkene Inflationszahlen. Demnach liegt die Inflation bei 43,68%. Im Vormonat lag die Inflation bei 50,51 Prozent. Doch die Inflationszahlen scheinen beschönigt zu sein. Unabhängige Wirtschaftsinstitute kommen auf ganz andere Inflationszahlen. Laut Ena Grup liegt die Inflation mit 105, 19 Prozent mehr als doppelt soch hoch.
Experten glauben Inflationszahlen der Regierung nicht
Auch Experten glauben den Zahlen der staatlichen Statistikbehörde nicht. „Ich fordere die TÜIK auf, nicht nur die Durchschnittspreise ausgesuchter Waren zu veröffentlichen, sondern alle Waren, die in die Berechnung der Verbraucherpreise einfließen. Ansonsten zweifle ich an den Inflationszahlen“, schreibt der Wirtschaftsexperte Professor Erinc Yeldan von der Kadir Has Universität in Istanbul.
Der Wirtschaftsexperte Prof. Kamil Yilmaz von der Koc-Universität in Istanbul kritisiert auf Twitter ebenfalls die TÜIK und auch die AKP-Regierung. „Eine Regierung, die staatliche Institutionen mit unqualifizierten Kumpanen füllt und sie zwingt, nach ihren eigenen Interessen zu arbeiten, passt nicht zur Türkei. Zum Glück wird diese institutionelle Korruption am Morgen des 15. Mai ein Ende haben“. Die Parteikader der AKP, die die Daten der TÜİK verschleierten, würden gehen und kompetente Leute würden ihr Amt antreten, kündigte Yilmaz vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 14. Mai an.

Erdogan und sein Finanzminister sprechen von Erfolg
Finanzminister Nureddin Nebati hingegen hingegen gibt sich auf Twitter optimistisch. Die Inflation sinke seit sechs Monaten ununterbrochen. „Im vergangenen Oktober hatte die Inflation eine Spitze von 85,5 Prozent erreicht und ist seither um 42 Prozent gesunken“, so Nebati. Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan freut sich demonstrativ: Nachdem Erdogan mehrmals von Erdgasfunden im Schwarzen Meer berichtet hatte, soll es sogar zu größeren Erdölfunden im Cudi- und Gabar-Gebirge nahe der irakischen Grenze gekommen sein.
Währungsverfall der Türkischen Lira hält an
Eins der Probleme des Landes ist auch der Währungsverfall. Der US-Dollar kostet inzwischen 19,49 Türkische Lira und der Euro 21,53 Türkische Lira, was zusätzlich die Kaufkraft der Menschen in dem Land schwinden lässt. Damit ist der US-Dollar in den letzten fünf Jahren um mehr als 360 Prozent und der Euro um mehr als 320 Prozent teurer geworden. Gerade Geringverdiener haben es in dem Land schwer. Bei einem Mindestlohn von 8500 Türkische Lira (umgerechnet etwa 395 Euro) bleibt den Menschen nicht viel zum Leben.