Erdogans letzte Hoffnung auf die „Volksallianz“ - Brisantes Bündnis spaltet sogar AKP
Für die Wahl 2023 schmiedete Erdogan eine Allianz mit der Hüda Par. Selbst in der eigenen Partei stößt das auf Kritik. Der Partei wird eine Nähe zur türkischen Hisbollah zugesprochen.
Frankfurt/Ankara - Rund 64 Millionen Türkinnen und Türken sind am Sonntag dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Parlament und Präsident werden neu gewählt. Es wird über die politische Zukunft des Landes entschieden. Das Rennen in der Türkei-Wahl wird laut aktuellen Umfragen wohl so spannend wie schon lange nicht mehr. Wird Recep Tayyip Erdogan seine Macht zementieren und weiter ausbauen können? Dabei setzt der 69-Jährige auf ein brisantes Bündnis, die sogar seine eigene Partei spaltet.
Türkei-Wahl 2023: Umstrittene Allianz Erdogans sorgt für Kritik aus eigenen Reihen
Für die Wahl hat Erdogan neue Allianzen geschmiedet - und damit für Kritik aus den eigenen Reihen gesorgt. Bereits 2018 war er im Bündnis mit der ultranationalistischen MHP angetreten. Nun wird er unter anderem auch von der islamistischen Neuen Wohlfahrtspartei und der kurdisch-islamistischen Hüda Par unterstützt.

Die beiden islamistischen Parteien treten mit antifeministischem Programm an. So will die Hüda Par etwa den Schutz der „traditionellen“ Familie vor „abweichenden“ Ideologien durchsetzen, Mädchen und Jungen getrennt unterrichten und Frauen Arbeitsbedingungen anbieten, die ihrer „Natur“ entsprechen.
„Was wir tun müssen, steht fest - Erdogan zum Präsidenten machen“, schrieb der Vorsitzende der Hüda Par, Mehmet Zülfi Tan, via Twitter. Vier Kandidaten der Hüda Par will Erdogan ins Parlament verhelfen. Wie die Deutsche Presseagentur (dpa) im April 2023 berichtete, protestierte Ozlem Zengin, Vize-Fraktionsvorsitzender der AKP, gegen das Bündnis - und blieb erfolglos.
Türkei-Wahl 2023: Erdogan im Bündnis mit Pro-Hisbollah-Partei
Die Partei Hür Dava Partisi (Hüda Par, Partei der Freien Sache) wurde 2012 in Ankara gegründet, wie die Bundeszentrale für politische Bildung informiert. Bei der bevorstehenden Türkei-Wahl tritt die Hüda Par nicht selbstständig an, sondern gemeinsam mit der Volksallianz, also einem Wahlbündnis von:
- AKP
- MHP
- BBP
- Neue Wohlfahrtspartei
Der Verfassungsschutz NRW bescheinigt der Partei Hüda Par eine Nähe zur türkischen Hisbollah (TH). So heißt es in einem Verfassungsschutzbericht des Landes aus dem Jahr 2019: „Sie weist deutliche Bezüge zur TH auf und kann deren Anhängern eine neue Organisationsform bieten.“
Die türkische Hisbollah ist für zahlreiche Morde verantwortlich. Hunderte Hisbollah-Terroristen wurden zwischen 2018 und 2021 aus der Haft entlassen - auf Befehl Erdogans. Wie eine türkische Zeitung berichtete, stand das im direkten Zusammenhang mit den Erklärungen der Hüda Par bei den Wahlen 2018. Sie erklärten damals, keinen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen und Erdogan zu unterstützen - ähnlich wie im Wahljahr 2019.
Wahlkampf in Deutschland: Hüda Par auf Stimmenfang für Erdogan
2023 machte die Pro-Hisbollah-Partei Hüda Par sogar in Deutschland Wahlkampf - und das offenbar ohne Wissen der Behörden. Nach Auftritte in Hamburg tauchte eine Delegation auch in Wiesbaden auf und warb um Stimmen für Erdogan und die AKP.
Zwischen dem 27. April und dem 9. Mai konnten Wahlberechtigte im Ausland wählen. In Deutschland konnten somit 1,5 Millionen Türken mitentscheiden. Viele Wahllokale blieben hierzulande jedoch geschlossen. Es zeichnete sich dennoch eine hohe Wahlbeteiligung ab. Bereits nach elf Tagen war sie höher als bei der Wahl 2018. (mbr mit dpa)