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Söders CSU auf Tuchfühlung mit AKP-Lobby? Beobachter wähnt „Schützenhilfe“ für Erdogan

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Von: Erkan Pehlivan

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Gerade im Fastenmonat Ramadan zeigten sich CSU-Politikern mit AKP-Lobbyisten. Kritiker zeigen sich empört. Sie sehen darin Schützenhilfe für Erdogan.

Nürnberg - Kaum wurden die Werbeplakate von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP anlässlich der Türkei-Wahl am 14. Mai in Nürnberg aufgehängt, war der Protest auch schon da. Die Kritiker des türkischen Machthabers hatten sich über den türkischen Wahlkampf auf den deutschen Straßen empört - vor allem, weil die Stadt ihre Genehmigung dafür erteilt hatte. Für die 25 Plakate musste der Antragsteller rund 800 Euro bezahlen, wie die Stadt FR.de mitteilte. Wer der Antragsteller ist, ging aus der Auskunft aber nicht hervor.

Vor der Türkei-Wahl: Söder und CSU-Parteifreunde beim Fastenbrechen mit Ditib und UID

Offenbar sind die Beziehungen in Bayern zwischen Politikern der CSU und der AKP-Lobby aber viel besser als bekannt. Am 2. April hatte Ministerpräsident Markus Söder am Fastenbrechen in der Ditib-Moschee in Nürnberg teilgenommen. Auch Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und der Nürnberger CSU-Fraktionschef Andreas Krigelstein waren an dem Abend anwesend.

CSU im Fokus: Nürnbergs Oberbürgermeister zeigt ebenfalls Nähe zu AKP-Lobby

Der Nürnberger Oberbürgermeister Markus König (CSU) hatte ebenfalls an einem Fastenbrechen teilgenommen. Veranstaltet hat es die AKP-nahe Organisation „Türkische Initiative Nürnberg“ am 18. April. An beiden Abenden waren auch Mitglieder UID (Union Internationaler Demokraten) anwesend, die der Verfassungsschutz beobachtet. Die UID wurde dem deutschen Inlandsgeheimdienst zufolge als Lobbyorganisation der AKP gegründet.

Die Nähe zwischen der CSU und der AKP-Lobby ist größer, als bislang angenommen.
In Nürnberg dürfen Wahlplakate des türkischen Präsidenten Erdogan aufgehängt werden. © Sven Grundmann/dpa

„Besonders toll war der Austausch nach dem Essen: Die jungen Gäste brachten ihre Ideen für Nürnberg vor. Ich habe gespürt: Egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund oder Zuwanderungsgeschichte - hier sind Menschen, die aktiv unsere Stadt gestalten und voranbringen wollen“, schrieb König auf Facebook unter den Fotos des Abends. Ob der Bürgermeister bei diesen Abenden aber mit den Vertretern auch über Missstände der türkischen Regierung sprach, bleibt offen.

CSU-„Schützenhilfe“ für Erdogan? Nähe zu AKP-Lobbyorganisationen

Die Türkische Gemeinde Metropolregion Nürnberg (TGMN) warnt allerdings vor Organisationen, die eine Nähe zum türkischen Präsidenten und seiner Regierungspartei AKP haben. Ein eigenes Gespräch mit dem Nürnberger Oberbürgermeister sei bislang aber nicht zustande gekommen.

„Ich versuche seit Jahren, ein Gespräch hier mit der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg und dem Oberbürgermeister Marcus König über dieses Thema zu führen. Ich habe die Stadt Nürnberg und die Bayerische Staatsregierung über die Sachlage informiert. Bis heute war leider kein Gespräch mit dem Oberbürgermeister König möglich“, sagte der Vorsitzende der TGMN, Bülent Bayraktar, im Gespräch mit FR.de von IPPEN.MEDIA.

Eine Nähe des bayerischen Ministerpräsidenten und des Nürnberger Oberbürgermeisters zu diesen Organisationen sei gefährlich, warnte Bayraktar. „Sie sind über die politischen Folgen und die Signalwirkung ihres Handelns im Bilde. Im Vorfeld der Wahlen können solche Begegnungen als Schützenhilfe für politische Parteien in der Türkei gesehen werden.“

Grüne und Politologe rügen CSU-Auftritte vor der Türkei-Wahl: „Billig, scheinheilig“

Ähnlich sieht es der bayerische Landtagsabgeordnete Cemal Bozoglu (Grüne). „Erdogan ist nicht nur für den Demokratieabbau in der Türkei verantwortlich, sondern auch für die Vergiftung des deutsch-türkischen Zusammenlebens hier bei uns. Ich fordere die Stadt Nürnberg auf, diesen Sachverhalt dringend aufzuarbeiten“, sagt Bozoglu FR.de. „Nach dieser Logik dürften wir in der kommenden Zeit in Nürnberg auch Plakate von Meloni, Putin, Orban oder Trump sehen. Das kann ich so nicht akzeptieren“.

Besonders empört zu der Nähe der CSU-Politiker zu den umstrittenen Vereinen zeigt sich der Essener Politikwissenschaftler und Türkei-Experte Burak Çopur. „Früher habe ich gedacht, dass solche Zusagen zu Einladungen von türkischen Islamisten wie UID und türkischen Rechtsextremisten wie die Grauen Wölfe auf einer Naivität und Unkenntnis von deutschen Politikern beruhen“, erklärte er.

„Nachdem aber die Öffentlichkeit ausgiebig darüber informiert wird, wie gefährlich solche Gruppen sind, halte ich ein solches Vorgehen unter anderen durch den Ministerpräsidenten Söder, den Ex-Ministerpräsidenten Günther Beckstein und den Nürnberger CSU-Fraktionschef Andreas Krigelstein, der laut Facebookpost der UID-Bayern dort auch in Vertretung des Nürnberger OBs Marcus König anwesend war, für mehr als opportunistisch“, sagte Çopur unserer Redaktion.

In Wahlkampfzeiten werde für Teile der deutschen Öffentlichkeit populistisches „Migranten-Bashing“ betrieben und „Integrationsforderungen“ an die Einwanderer gestellt, aber insgeheim treffe man sich mit christen-, europa- und integrationsfeindlichen Gruppen beim Fastenbrechen und buhle um deren Stimmen. „Das ist billig, scheinheilig und anstandslos. So tief sollte deutsche Politik nicht sinken“, rügte der Politikwissenschaftler. Für Söder könnte sich das Treffen mit der AKP-Lobby auszahlen. Bei den bayerischen Landtagswahlen am 8. Oktober kann er Sympathien von Erdogan-Anhängern gut gebrauchen. (erpe)

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