Erdogans AKP wirbt vor Türkei-Wahl im Umfeld der „Grauen Wölfe“

Die AKP wirbt in Deutschland vor der Türkei-Wahl intensiv um Stimmen - auch in Moschen der ATIB, die den nationalistischen Grauen Wölfen nahestehen soll.
Dortmund - Ausländischer Wahlkampf in Deutschland muss in Deutschland angemeldet sein. Das hatte das Auswärtige Amt bei der Einbestellung des türkischen Botschafters am 16. Januar erklärt. Vorausgegangen war die Hetzrede des türkischen AKP-Abgeordneten Mustafa Açıkgöz in einer Neusser Moschee der Grauen Wölfe, in der er von der weltweiten Vernichtung von Kurden und Anhängern der PKK und Gülen-Bewegung gesprochen hatte. „Hetze & Hassrede haben in Deutschland nichts verloren“, teilte das Auswärtige Amt anschließend in einem Tweet mit.
Dennoch läuft der Kampf um die Stimmen vor der Türkei-Wahl auch in Deutschland wieder auf Hochtouren. Mit ihrem „AKP Auslands-Wahlen Koordinationszentrum“ (Türkisch: Ak Parti Yurtdisi Secim Koordinasyon Merkezi) versucht die Regierungspartei von Präsident Recep Tayyip Erdogan die Stimmen der Auslandstürken für sich zu gewinnen. Das Koordinierungszentrum besteht aus Kadern des AKP-Lobbyvereins UID (Union of International Democrats). Der Vorsitzende des Koordinierungszentrums ist der AKP-Abgeordnete Muhammed Fatih Toprak, der die Auslandstürken bei der Türkei-Wahl für die AKP gewinnen soll.
AKP bereitet sich auf Türkei-Wahl in deutschen Moscheevereinen vor
In Deutschland wird der AKP-Wahlkampf vor allem in Kooperation mit den Moscheevereinen der Ditib und IGMG (Islamische Gemeinschaft Millî Görüş) geführt. Auch die laut Verfassungsschutz zur nationalistischen Ülkücü-Bewegung („Graue Wölfe“) zugehörigen Moscheegemeinden der „Türk Federasyon“ und „ATIB“ dienen dem Wahlkampf der AKP. „Das Auslandswahlen Koordinationszentrum hat die ATIB-Gemeinde besucht und sich über die Wahlen ausgetauscht. Es wurde vereinbart, dass es ein Beratungsgremium unter den Vereinen geben wird“, schrieb die AKP-Essen auf ihrer Twitter-Seite über die ATIB-Gemeinde in Dortmund. Dabei sei auch eine Strategie vereinbart worden, heißt es darin weiter.
Türkei-Wahl: ATIB sieht sich nicht zu Grauen Wölfen zugehörig
Die ATIB selbst bestreitet, in den AKP-Wahlkampf involviert zu sein. „Letzten Freitag kam eine Delegation der AKP Essen kurz zu Besuch und hat über die Wahlmöglichkeiten der hier in Deutschland lebenden türkischstämmigen und wahlberechtigten Bürger in der Türkei berichtet und nicht mehr“, teilt die ATIB auf Anfrage unserer Redaktion mit. Auch lehnt die ATIB den „Vorwurf“ des Verfassungsschutzes ab, zur Ülkücü-Bewegung zu gehören. Der Verein verwies auf ein Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin, in dem sie gegen diese Vorwürfe vorgehen.
ZDM sieht trotz „Zusammenarbeit“ mit AKP-Lobby keinen Wahlkampf
Auch der Zentralrat der Muslime ZDM sieht hier keinen Wahlkampf für die AKP durch ihr größtes Mitglied. „Ausdrücklich begrüßen wir die Haltung bei ATIB, keine türkische (und nichtdeutschen) Wahlkampfveranstaltung in deren Moscheen zu organisieren“. Nach Angaben der AKP-Lobbyorganisation UID hat es alleine zwischen Juli 2021 und Dezember 2022 insgesamt 27 gemeinsame „Veranstaltungen“ gegeben.
Konflikte aus der Türkei werden in Deutschland ausgetragen
Nicht nur deutsche Verfassungsschützer ordnen das ZDM-Mitglied ATIB zur türkisch-nationalistischen Ülkücü-Bewegun ein, sondern auch Wissenschaftler. „Sie ist in hunderten lokalen Vereinen organisiert sowie in Dachverbänden wie Türk Federasyon, ATIB oder ATB“, schreibt der Experte Kemal Bozay, Professor für Sozialwissenschaften, in seinem Aufsatz „Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland“ für die Bundeszentrale für politische Bildung BPB. „Sie hetzen gegen tatsächliche oder vermeintliche Linke und alle Nicht-Türken – wozu sie auch Armenier oder Kurden zählen, selbst wenn diese die türkische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie tragen Konflikte aus dem Mutterland auch in Deutschland aus.“