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AKP vor Türkei-Wahl in ganz Europa aktiv – über 100 Veranstaltungen

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Von: Erkan Pehlivan

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Mindesten 124 AKP-Abgeordnete waren in vergangenen sechs Monaten bei Wahlkampfveranstaltungen in Europa.
Präsident Recep Tayyip Erdogan © Tolga Bozoglu/dpa

Der AKP-Lobbyverband bereitet sich seit mehr als einem Jahr auf die Türkei-Wahl vor. Mindestens 124 AKP-Abgeordnete waren in dieser Zeit mehrheitlich in Deutschland aktiv.

Köln – Am 14. Mai findet die Türkei-Wahl. Längst läuft der Wahlkampf – auch in Deutschland. In den vergangenen Monaten waren immer wieder Abgeordnete der Regierungspartei AKP in die Bundesrepublik gereist, um in Moscheegemeinden und türkischen Vereinen für Stimmen zu werben. Organisiert werden diese Veranstaltungen von der AKP-Lobbyorganisation UID (Union of International Democrats).

Jetzt hat die UID offizielle Zahlen auf „UID TV“ veröffentlicht. Demnach soll es in den vergangenen eineinhalb Jahren 1250 Besuche oder gemeinsame Aktivitäten mit Moscheegemeinden gegeben haben. Die meisten Aktivitäten und Besuche entfielen laut dem Vorstandsmitglied Ali Kilinc auf den Moscheeverband Ditib.

Türkei-Wahl: AKP macht Wahlkampf in Deutschland - Übersicht:

Ditib670
IGMG420
Islam Birligi80
Türk Federasyon35
ATIB27
Andere18

62 Aktivitäten und Besuche in Moscheen der sogenannten „Grauen Wölfe“ sollen ebenfalls im Vorfeld der Türkei-Wahl stattgefunden haben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz BfV zählt die Türk Federasyon mit 7000 Mitgliedern und ATIB mit 1.200 Mitgliedern zu der „Ülkücü-Bewegung“, die in Deutschland wiederum als Graue Wölfe bekannt sind. „Ein übersteigerter Nationalismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus und Antisemitismus prägen auch die Ideologie der türkischen „Ülkücü“-Bewegung“, lässt das BfV auf ihrer Interseite wissen.

124 Abgeordnete und 25 Bürgermeister aus der Türkei bei Wahlkämpfen in Europa

Auch UID-Funktionär Adem Taflan gab Informationen zu den Aktivitäten seiner Vereins. „In den vergangenen sechs Monaten haben wir Treffen zwischen 124 Abgeordneten und 25 Bürgermeistern mit europäischen Türken organisiert“, schreibt Taflan auf Twitter. „Wir sind Tag und Nacht auf dem Feld“. Man werde 2023 die Wahlurnen in weiß streichen, was auf Türkisch „ak“ heißt – eine Anspielung also auf die beiden Anfangsbuchstaben der AKP. „İnşaAllah“ schreibt Taflan am Ende seinen Tweets.

In Deutschland ist der Wahlkampf für die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan seit dem Auftritt des AKP-Abgeordneten Mustafa Acikgöz in einer Moschee in Neuss schwieriger geworden. Dieser hatte über die Vernichtung von Anhängern der PKK und Gülen-Bewegung gesprochen und dass man ihnen das Recht auf Leben nicht gewähren werde. Wegen der Hassrede war es zu einem diplomatischen Disput gekommen. Das Auswärtige Amt hatte den türkischen Botschafter deswegen einbestellt. Erdogan musste seine Deutschlandreise absagen.

Inzwischen hat die UID den AKP-Wahlkampf auf die Nachbarstaaten verlagert. Immer wieder hatte türkische Abgeordneten in Frankreich, den Beneluxstaaten und Österreich Moscheen und türkische Vereine besucht. Diese Wahlkampfveranstaltungen mit AKP-Abgeordneten laufen als unter dem Titel „Treffen mit unseren Bürgern“ oder als „Kulturevent“. Allerdings wird dort für die türkische Regierungspartei geworben. In der Veranstaltung im belgischen Heusden-Zolder wurde sogar der türkische Präsident per Telefon dazugeschaltet, der zu den Menschen sprach.

Moscheegemeinden Filialen der AKP

Fachleute wie Eren Güvercin warnen seit langem vor diesen Wahlkampfveranstaltungen in den deutschen und anderen europäischen Moscheen. „Die Statistik der AKP-Lobbyorganisation UID zeigt uns, wie intensiv Moscheegmeinden der großen muslimischen Verbände für parteipolitische Propaganda der AKP instrumentalisiert werden. Die muslimischen Verbände müssen sich entscheiden: Wollen sie Religionsgemeinschaften sein, oder lassen sie es weiter zu, dass ihre Gemeinden zu Filialen der AKP werden“, so Güvercin, der Vorsitzende des Landesverbands der Liberalen Vielfalt Berlin ist im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA. (Erkan Pehlivan)

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