Türkei: Erdogan will eine Million syrische Geflüchtete heimschicken
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan plant, Geflüchtete aus Syrien wieder in ihr Heimatland zurükzuführen. Die Opposition glaubt nicht daran.
Ankara - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat große Pläne. Eine Million Geflüchtete aus Syrien sollen in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Entsprechende Projekte wie der Bau von Wohnungen würden gemeinsam mit nationalen und internationalen Organisationen vorbereitet. Das teilte das Staatsoberhaupt der Türkei persönlich mit.

Doch Kemal Kilicdaroglu (CHP) glaubt nicht daran. Der Vorsitzende der CHP bezichtigte Erdogan auf Twitter der „Lüge.“ Immer noch würden zahlreiche Geflüchtete über die Grenzen illegal ins Land kommen. Die Worte des Präsidenten seien nichts weiter als Wahltaktik. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR leben derzeit 3,6 Millionen registrierte syrische Geflüchtete in der Türkei.
Türkei: Flüchtlinge und ihre Kinder arbeiten ohne Schutz
Vor allem aber kritisiert die CHP illegale Geflüchtete aus Syrien. Der stellvertretende Vorsitzende der CHP, Veli Agbaba, hatte in einem Bericht 2019 festgestellt, dass mindestens eine Million Syrer:innen illegal in der Türkei seien. Diese würden ohne Erlaubnis arbeiten. 20 Prozent der illegalen syrischen Arbeiter:innen seien Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Diese illegalen Arbeiter:innen würden zudem zu niedrigen Löhnen arbeiten und dadurch dem Staat schaden, kritisiert Agbaba. Die Türkei müsse daher ihre Grenzen schützen, damit keine illegalen Geflüchteten mehr in das Land kommen könnten. Doch den Betroffenen bleibt oft keine andere Möglichkeit. In ihren Heimatländern herrscht Krieg und zum Überleben in der Türkei müssen auch diese Menschen arbeiten – ohne Arbeitnehmer-Rechte und für weniger Geld, als Arbeiter:innen mit Papieren.
Türkei: Politiker hetzen gegen Flüchtlinge
Auch der Rassismus gegen Geflüchtete in der Türkei nimmt zu. So spricht der Vorsitzende der Zafer Partisi, Ümit Özdag, von acht Millionen Menschen, die in die Türkei geflüchtet seien und die man in ihre Heimatländer zurückschicken wolle. Nachweise über die hohe Zahl liefert er aber nicht.
Der Bürgermeister von Bolu, Tanju Özcan (CHP), ist zu einer Symbolfigur bei Rassismus gegen Geflüchtete geworden. „Wenn ihr die Flüchtlinge wollt, nehmt eins oder zwei bei euch zu Hause auf und ernährt sie mit eurem eigenen Geld und nicht mit dem Geld des türkischen Volkes.“ Özcan nennt die Situation in der Türkei eine Besatzung durch Flüchtlinge. Konsequenzen von seiner Partei muss der Bürgermeister von Bolu nicht fürchten.
Türkei: HDP kritisiert wachsenden Rassismus gegen Flüchtlinge
Besonders die pro-kurdische Oppositionspartei HDP kritisiert den wachsenden Rassismus in der Türkei. „Diskriminierung und Rassismus sind eine Straftat,“ kritisiert der HDP-Abgeordnete Ömer Faruk Gergerlioglu die Aussagen des Bürgermeisters von Bolu und fordert ein Parteiausschussverfahren aus der CHP. Das blieb aber bislang aus.

Der offene Rassismus in dem Land führt immer wieder zu Übergriffen auf Flüchtlinge. Im August vergangenen Jahres hatte ein Mob von Nationalisten in Altindag bei Ankara Häuser und Geschäfte von Syrern mit Steinen beworfen und angezündet. Bei den pogromartigen Übergriffen wurden mehrere Syrer, unter ihnen auch Kinder, verletzt. (Erkan Pehlivan)