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Ferhan Yilmaz: Tod nach Folter im Silivri-Gefängnis von Istanbul?

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Silivri-Gefängnis in Istanbul
Das Silivri-Gefängnis in Istanbul. © dpa

Der Kurde Ferhan Yilmaz sollte nach zwei Tagen aus dem Silivri-Gefängnis entlassen werden. Ein Video zeigt jetzt, dass der Mann vor seinem Tod offensichtlich gefoltert wurde.

Istanbul – Zwei Tage vor seiner Entlassung aus dem Silivri-Gefängnis in Istanbul ist Ferhan Yilmaz gestorben. Zunächst hatte die Gefängnisleitung behauptet, der 29-jährige hätte einen Herzinfarkt erlitten. Dabei handle es sich um die Todesursache, hieß es.

Später tauchten allerdings Bilder aus einem Krankenhaus auf, die den Mann mit angeschwollener Lippe und Blessuren im Gesicht zeigen. In der Türkei ist erneut eine Debatte über Folter entbrannt.

Türkei: Ferhan Yilmaz offenbar im Silivri-Gefängnis gefoltert

Laut Angaben der Nachrichtenagentur Mezopotamya sollen rund 60 Gefängnisaufseher an Folterungen in der Haftanstalt beteiligt gewesen sein. Die Nachrichtenagentur sprach mit dem Bruder des Gefangenen, Hikmet Yilmaz. „Seine Lippen waren aufgeschwollen. Durch die Schwellungen konnte man seine Augen nicht mehr sehen. Unter seinen Augen lief Blut runter. An seiner Brust gab es Blessuren. An seinem Hals gab es eine etwa 20 cm. Lange Narbe. Es sieht danach aus, dass man versucht habe ihn mit einem Seil zu strangulieren. An seiner Nase gab es auch Blessuren,“ erzählt der Bruder.

Ferhan Yilmaz
Ferhan Yilmaz im Krankenhaus. (Screenshot) © Mezopotamya Ajansi/Twitter

Die Folterspuren an seinem Bruder erinnerten ihn an die Folter in den 1990er Jahren in Diyarbakir. Keine Regierung der Türkei hat bis heute diese Fälle aufgeklärt.

Türkei: Opposition kritisiert Regierung wegen Folter in Gefängnissen

Kritik kommt von der pro-kurdischen HDP. Dessen Abgeordneter Ömer Faruk Gergerlioglu richtet über Twitter eine Frage an Justizminister Bekir Bozdag: „Seit wann ist der Sarg eines an Herzinfark gestorbenen mit Blutflecken übersät und sein Gesicht voller Blessuren?“ Auch der Oppositionspolitiker und Abgeordnete Sezgin Tanrikulu (CHP) sieht die Schuld beim Justizminister. Wenn der Oberstaatsanwalt von Silivri nicht sofort seines Amtes enthoben werde, sei das Justizministerium Schuld an der Folter, so Tanrikulu. Die HDP teilte in einer Mitteilung mit, dass die Regierung Schuld am Tod eines jeden im Gefängnis hat.

Ömer Faruk Gergerlioglu
Türkei, HDP-Abgeordneter Ömer Faruk Gergerlioglu © Tunahan Turhan/Imago Images

In den 1990er Jahren wurde Tausende Kurden in der Türkei wegen angeblicher Verbindung zur PKK festgenommen. Viele von ihnen wurden ermordet. Dahinter stand vor allem der gefürchtete Gendarmerie Geheimdienst JITEM. Bis heute warten viele Kurden auf die sterblichen Überreste ihrer Familienmitglieder.

Folter ist im Silivri-Gefängnis von Istanbul keine Seltenheit. Insbesondere nach dem Putschversuch wurden viele politische Gefangene in diese Haftanstalt verlegt. Folterfälle werden dabei selten bekannt.

Bei einem Strafgerichtsprozess am 1. Juni 2017 hatten 15 Gefangene von Folter in dem Gefängnis berichtet. Der Richter weigerte sich diese Aussagen ins Protokoll aufzunehmen. Richter Cem Karaca hatte einen der Gefangenen sogar ermahnt, nicht über seine Folter zu sprechen. Der Richter begründete es damit, dass hier nicht die Polizisten vor Gericht stünden, die ihn angeblich folterten. (Erkan Pehlivan)

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