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In der Türkei sitzen derzeit mindestens 64 Deutsche im Gefängnis

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Von: Erkan Pehlivan

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Laut Bundesregierung sind mindestens 64 Deutsche in türkischen Gefängnissen.
Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Linke) stellt Fragen über inhaftierte Deutsche in der Türkei an die Bundesregierung. © Britta Pedersen/picture alliance

Derzeit sitzen laut Bundesregierung 64 Deutsche in der Türkei hinter Gittern. Vielen von ihnen wirft Ankara Terrorismus vor.

Berlin - In der Türkei sitzen derzeit mindestens 64 deutsche Staatsbürger im Gefängnis. Sieben davon sind seit dem vergangenen, einer seit diesem Jahr in Haft, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervorgeht. Mindestens zwei der im Vorjahr inhaftierten Deutschen seien wegen Terrorvorwürfen in der Türkei im Gefängnis. Wie das Auswärtige Amt mitteilte, hatten Anfang Juni 2022 insgesamt 55 Bundesbürger in türkischer Haft gesessen.

Türkei verweigert 51 Deutschen Einreise

Seit Juli 2022 wurde zudem 51 Deutschen die Einreise in die Türkei verweigert, 19 davon in diesem Jahr. Die Gründe waren nicht bekannt. Mindestens 64 Deutsche können die Türkei derzeit wegen einer Ausreisesperre nicht verlassen. Im Juli 2022 waren es der Regierung zufolge noch 27 gewesen. Zehn der nun geltenden Ausreisesperren wurden demnach im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen verhängt.

„Die politische Verfolgung und Drangsalierung von Deutschen durch die Türkei läuft offensichtlich auf Hochtouren“, so Dagdelen. „Ich vermisse ein konsequentes Vorgehen der Bundesregierung, insbesondere auch hinsichtlich der aus politischen Gründen in Haft befindlichen Deutschen.“ Die Bundesregierung dürfe „die Hände hier nicht in den Schoß legen und unsere Bürger gegenüber dem Nato-Partner im Stich lassen“.

Türkei definiert Terrorismus „breit und vage“

Kritiker:innen werfen der türkischen Justiz sowie der Regierung vor, eine zu breite und vage Definition von Terrorismus anzuwenden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International etwa argumentiert, Anti-Terror-Gesetze würden häufig von den Behörden „missbraucht“, um gegen Andersdenkende vorzugehen. Die Regierung weist derartige Vorwürfe von sich und argumentiert mit einer besonderen Bedrohungslage.

Zwischen 2016 und 2021 hat es in der Türkei 1.768.530 Ermittlungen wegen Terrordelikten gegeben. „Wenn man die Zahlen für 2022 hinzufügen würde, wären es mindestens zwei Millionen Ermittlungen wegen Terrordelikte. Wenn man das als Zustand des Verrücktseins beschreibt, regen sich die Leute auf. Kann man dieses Bild mit Recht und Verstand erklären“, hatte der Rechtsexperte Levent Mazılıgüney auf seiner Twitterseite mitgeteilt.

Andere Fachleute sehen die Situation in der Türkei schlimmer. „Wenn wir auch nur von durchschnittlich zwei Personen pro Ermittlungsfall ausgehen, dann sind hier mindestens vier Millionen Menschen betroffen“, sagte der Brüsseler Rechtsanwalt und Menschenrechtsexperte Nurullah Albayrak im Gespräch mit FR.de von IPPEN.MEDIA. (ep/dpa)

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