Tinubu wird Präsident von Nigeria

Kandidat der Regierungspartei gewinnt die Wahlen mit rund 36 Prozent / Opposition spricht von „zahllosen Zwischenfällen“.
Bei den Wahlen am vergangenen Wochenende in Nigeria sollen mehr als 36 Prozent der Wähler:innen für Bola Tinubu, den Kandidaten des schon seit acht Jahren regierenden All Progressives Congress (APC), gestimmt haben. Der Hoffnungsträger vor allem der jüngeren Bevölkerung, Peter Obi, soll dagegen auf 25 Prozent gekommen sein – noch hinter Atiku Abubakar von der Demokratischen Volkspartei PDP, dem die Wahlkommission 29 Prozent zuschrieb.
Das Resultat wird von den Wahlverlierern allerdings angefochten. Sie fordern eine Wiederholung des von zahllosen Zwischenfällen begleiteten Urnengangs. Die womöglich folgenreichste Panne war der Ausfall des elektronischen Übertragungssystems, das die ausgezählten Stimmen in Echtzeit von jedem einzelnen der fast 177 000 Wahllokale in die Zentrale der Wahlbehörde übermitteln sollte.
Zahl der Stimmen manipuliert?
Durch den Ausfall kam es zu stundenlangen Verzögerungen, die nach Auffassung der Opposition womöglich dazu genutzt wurden, die Zahl der Stimmen zu manipulieren. An den Wahltagen war es außerdem zu teilweise stundenlangen Verspätungen der Öffnung der Wahllokale sowie vereinzelt zu Gewalttätigkeiten und zur Zerstörung von Wahlurnen gekommen. APC-Kandidat Tinubu bezeichnete diese Zwischenfälle als unerheblich und forderte die Oppositionsparteien auf, ihre Klagen vor Gericht zu bringen. Eine Wiederholung der Abstimmung schloss die unabhängige Wahlkommission „Inec“ aus.
Während Beobachter:innen der Afrikanischen Union sowie des Commonwealths den Urnengang als „weitgehend friedlich und transparent“ bezeichneten, brachten Vertreter:innen aus den USA und der EU grundsätzliche Einwände vor. Die Abstimmung sei „weit hinter den berechtigten Erwartungen der Bevölkerung zurückgeblieben“, urteilte die gemeinsame Mission des „Nationalen Demokratischen Instituts“ und des „Internationalen Republikanischen Instituts“ der USA.
In einer Fernsehansprache rief Wahlsieger Tinubu seine Konkurrenten zur Versöhnung auf: „Es gibt nun mal nur ein Nigeria. Wir müssen es zusammen aufbauen.“ Der schwerreiche Politiker gilt als „der Pate“ und Königsmacher seiner Partei: Wen immer er als Kandidaten fürs Gouverneursamt in seinem heimischen Bundesstaat Lagos oder für die nigerianische Präsidentschaft unterstützte, konnte mit einem Sieg rechnen.
Tellerwäscher und Taxifahrer in den USA
Der Angehörige des Yoruba-Volks finanzierte sein Studium in den USA als Tellerwäscher und Taxifahrer und machte sich in den 2000er Jahren als Gouverneur von Lagos einen Namen. Er soll für einen Rückgang der Kriminalität, große Straßenbauprojekte und eine funktionierende Müllabfuhr gesorgt haben. Kritiker:innen werfen ihm allerdings vor, sich dabei „schamlos bereichert“ zu haben. Interessanterweise verlor Tinubu ausgerechnet in Lagos gegen Peter Obi, obwohl die Hafenstadt bisher als seine Hochburg galt.
Tinubu gibt sein Alter mit 70 Jahren an – Gerüchten zufolge ist er allerdings wesentlich älter. Fragen nach seinem Gesundheitszustand pflegt er aus guten Gründen zur Seite zu schieben: Nicht weniger als fünf nigerianische Staatschefs starben im Amt, Tinubus Vorgänger musste sich monatelang zur medizinischen Behandlung in London aufhalten.
Doch wird dem Königsmacher nachgesagt, ein glänzender Administrator zu sein, der die richtigen Leute für die nötigen Aufgaben findet. Das wird er auch brauchen. Denn der afrikanische Wirtschaftsriese steckt in einer tiefen Krise: Der Krieg mit der Extremistenmiliz Boko Haram im Nordosten des Landes hält an, das Verbrechen blüht, die Erdölförderung sinkt, die Inflation schießt in die Höhe und die verheerende Korruption verheert das Land wie eh und je.