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Komplettverbot für Video-App? TikTok-Chef wird im US-Kongress auseinandergenommen

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Von: Alexander Eser-Ruperti

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In den USA könnte die Videoplattform TikTok vor dem Aus stehen. Firmenchef Shou Zi Chew hat sich jetzt den Fragen einiger US-Abgeordneter gestellt.

Washington – In den USA gibt es Sorgen um die Datensicherheit beim Mediendienst TikTok. Eine Befragung von Firmenchef Shou Zi Chew im US-Kongress wurde für den TikTok-CEO nun zum Spießrutenlauf. Er versuchte die Bedenken gegen die Plattform aus der Welt zu räumen, wurde von den Abgeordneten im Handelsausschuss des Repräsentantenhauses allerdings hart angegangen – sie zeigten wenig ernsthaftes Interesse an den Antworten des CEOs.

Für den wiederum geht es um nicht weniger als die Zukunft von TikTok in den USA, einem bedeutenden Markt. Im Zentrum der Debatte steht die Sorge, Daten von US-Nutzer:innen könnten an die chinesische Regierung gelangen – die wiederum könnte versuchen, TikTok für eigene Zwecke zu missbrauchen. Das Horten von Daten ist indes weit über TikTok hinaus längst zum Problem geworden: Auch Plattformen wie Facebook zeigen sich sammelwütig.

TikTok-Anhörung: Shou Zi Chew stellt sich Fragen im US-Kongress – „haben von den Sorgen gehört“

TikTok-Chef Shou Zi Chew gab sich bei einer Anhörung im US-Kongress bemüht, Vorwürfe gegen die Plattform auszuräumen. Eine Chance erhielt er Medienberichten zufolge dabei kaum: Immer wieder wurde er bei komplexen Fragen von Abgeordneten mit der Forderung nach einem „Ja“ oder „Nein“ unterbrochen. Die republikanische Abgeordnete Cathy McMorris Rodgers erklärte etwa „TikTok überwacht uns alle“ und warnte vor einer „Manipulation“ von „Amerika als Ganzes“. Die Tagesschau berichtet von einem bisweilen „feindseligen Unterton“ der Abgeordneten. Es wehte ein rauer Wind.

„Wir haben von den Sorgen gehört hinsichtlich eines möglichen unerwünschten ausländischen Zugriffs auf US-Daten und einer möglichen Manipulation des TikTok Systems“, so Chew, der zugleich eine neue Firewall zum Datenschutz ankündigte. Alleine in den USA gibt es rund 150 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Deren Daten würden auf US-Servern lagern, so der TikTok-Chef, der Zugang werde streng überwacht. Zudem laufe der Empfehlungs-Algorithmus von TikTok, der die Videos für Nutzer in Amerika auswählt, beim US-Softwareriesen Oracle. Auch GPS-Ortungsdaten oder biometrische Informationen würden nicht gesammelt, so Shou Zi Chew.

Shou Zi Chew
Tiktok-CEO Shou Zi Chew sagt über die Datenschutz- und Datensicherheitspraktiken der Plattform aus. © Alex Brandon/AP

TikTok weist alle Vorwürfe zurück. Man sehe sich ohnehin nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens, heißt es, zumal ByteDance zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei und seinen offiziellen Sitz auf den Caymaninseln habe. Gehör erhielt Shou Zi Chew bei der Anhörung indes nicht.

Kritische Stimmen betonen, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle hielten, aufgrund höherer Stimmrechte. Skeptiker:innen verweisen zudem auf eine große ByteDance-Zentrale in Peking. Verschiedene Medien hatten zuletzt berichtet, die US-Regierung fordere einen Ausstieg chinesischer Anteilseigner aus der in China gegründeten Plattform.

TikTok-CEO Shou Zi Chew betont Unabhängigkeit – in den USA droht Komplett-Verbot der Plattform

In den USA, Großbritannien und Deutschland ist TikTok bereits auf Dienst-Handys von Regierungsmitarbeitern verboten, gleiches gilt bei der EU-Kommission. TikTok-CEO Shou Zi Chew betont indes die Unabhängigkeit des Unternehmens. Im US-Kongress ist aktuell ein Gesetz in Arbeit, dass Präsident Joe Biden die Vollmachten geben könnte, die App vollständig zu verbieten.

Donald Trump hatte während seiner Amtszeit versucht, den Verkauf des internationalen Geschäfts von TikTok durch Verbotsdrohungen zu erzwingen. Trump wurde seinerzeit von US-Gerichten gestoppt, sie betonten eine mangelhafte rechtliche Grundlage für das Vorgehen. Für das Unternehmen geht es um nicht weniger als wichtige Teile des westlichen Marktes. Dennoch: ein tatsächliches Verbot ist auch in den USA unwahrscheinlich, zu groß ist die Gefahr, junge Wählerinnen und Wähler zu verprellen.

In Deutschland steht ein generelles Verbot nicht im Raum, so Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie erklärte indes, man müsse verstärkt darüber aufklären, dass es sich um ein Unternehmen handle, bei dem „die Daten natürlich abfließen können“. Gläsern sind Smartphone-Nutzer in jedem Fall längst: Nicht nur TikTok sammelt offenbar Nutzerdaten in erheblichem Umfang, auch viele andere Apps horten Daten, bisweilen in noch größerem Maße – das gilt etwa für Facebook. (ales)

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