Hunger, Hitze und Platzmangel: So grausam werden Milliarden Tiere durch die EU transportiert

Milliarden von lebenden Tieren werden innerhalb der EU sowie in oder aus Drittstaaten transportiert. Doch die geltenden Tierschutzvorschriften werden nicht immer eingehalten.
Dieser Artikel liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Europe.Table Professional Briefing vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn Europe.Table am 18. April 2023.
Brüssel – Jedes Jahr werden Milliarden von lebenden Tieren innerhalb der EU sowie in oder aus Drittstaaten transportiert, Tendenz steigend. Dabei werden die geltenden Tierschutzvorschriften nicht immer eingehalten. Das geht aus einer Analyse hervor, die der Europäische Rechnungshof (EuRH) am Montag veröffentlicht hat. Es stelle sich die Frage, ob die Standards sowie die Sanktionen bei entsprechenden Vergehen angemessen seien, heißt es darin.
Produzenten würden häufig bewusst längere Strecken in Kauf nehmen, um Strafen zu vermeiden. Denn die geltenden Tierschutzvorschriften beim Transport würden von den EU-Staaten nicht einheitlich umgesetzt. Entsprechend könnten die Kostenvorteile die zu erwartenden Sanktionen in manchen Ländern übersteigen und Verstöße würden sich lohnen, so der EuRH.
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Tierleiden in Transportkosten einpreisen
Der Analyse zufolge dauert ein Drittel der Transporte mehr als acht Stunden, vier Prozent sogar über 24 Stunden. „Der Transport von lebenden Tieren über lange Strecken kann sich negativ auf das Wohlergehen der Tiere auswirken“, sagt EuRH-Agrarexpertin Eva Lindström. Die Tiere seien beim Verladen Stress ausgesetzt. Während des Transports könnten sie unter Hunger, Durst, Hitze und Platzmangel leiden.
Bei der anstehenden Novellierung der EU-Tierschutzbestimmungen müsse darauf geachtet werden, die Anzahl und Dauer der Transporte einzuschränken und die Transportbedingungen zu verbessern, fordert der Rechnungshof. Die Nutzung lokaler Schlachthöfe und mobiler Anlagen könne dazu beitragen und sei umweltfreundlicher. Der EuRH schlägt außerdem vor, das Tierleiden in die Transportkosten einzupreisen und bei den Fleischpreisen zu berücksichtigen sowie durch ein EU-weites System für Tierwohlkennzeichnung für mehr Transparenz zu sorgen.
BMEL: Transporte in Drittstaaten verbieten
Besonders problematisch: Transporte in Drittländer, wo die Standards teils erheblich niedriger sind als in der EU. Deutschland setzt sich deshalb dafür ein, Transporte in Nicht-EU-Staaten ganz zu verbieten. Unterstützung erhält Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von seinen Kollegen aus Österreich, Dänemark, Luxemburg und den Niederlanden. Die meisten EU-Länder sind jedoch dagegen. Ein nationaler Alleingang scheide aber aus, „denn es ist keinem Tier geholfen, wenn es zunächst in einen anderen Mitgliedstaat gebracht wird, um von dort aus in ein Drittland exportiert zu werden“, heißt es aus dem BMEL.
Bereits vor einem Jahr hat das EU-Parlament einen besseren Schutz von Tieren auf Transporten gefordert. Passiert ist bislang wenig. Nun hat die Kommission angekündigt, bis zum Jahresende einen Vorschlag zu präsentieren. Insider befürchten jedoch, dass die bevorstehende Europawahl im Frühjahr 2024 die Pläne durchkreuzen könnte. (til)