Südkorea: Ein Scherbenhaufen für den Sieger

Südkoreas neuer Präsident Yoon Suk Yeol kündigt eine wirtschaftsliberale Politik an
Ich werde ausschließlich dem Volk trauen und den Willen des Volkes befolgen“, gelobte der neue Mann an der Spitze seines Landes, als er am Mittwoch die Bibliothek der Nationalversammlung in Seoul betrat.
Mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,73 Prozentpunkten hatte Yoon Suk Yeol am Vortag das Rennen um das Präsidialamt gegen den Linksliberalen Lee Jae Myung gewonnen. „Es ist eine strenge Ansage, einer Nation neue Hoffnung zu verschaffen“, sagte der 61-jährige Konservative.
Südkorea hat gerade einen Wahlkampf hinter sich, den diverse Kommentator:innen als den schmutzigsten in der Geschichte des Landes bezeichnen. Yoon von der „People’s Power Party“ und Lee von der bis dato regierenden Demokratischen Partei haben sich wiederholt der Korruption, des Machtmissbrauchs und persönlicher Skandale bezichtigt.
Wahl in Südkorea: Derbheiten für den Norden
In Umfragen waren beide Kandidaten deshalb auch selten unbeliebt. Yoon verglich seinen Kontrahenten und dessen Partei unter anderem mit Hitler und Mussolini. Auch auf inhaltlich politischem Niveau wurde polemisiert. Inmitten steigender sozialer Ungleichheit, die durch die Pandemie noch stärker zugenommen hat, hat Yoon etwa einen noch schlankeren Staat versprochen, als es Südkorea ohnehin schon ist. Mit Steuererleichterungen will Yoon Anreize zu Investitionen schaffen. Unter anderem will er in Zeiten hoher Aktienpreise die Kapitalertragssteuer abschaffen.
Kritiker:innen haben ihm nicht nur für diese Ankündigung Populismus vorgeworfen. So hat Yoon auch in Aussicht gestellt, das Ministerium für Geschlechtergleichstellung abzuschaffen. Unter den Industriestaaten fällt Südkorea seit Jahren damit auf, dass Frauen stark diskriminiert werden. Vor einigen Jahren sorgten wiederholte Femizide landesweit für große Aufregung.
Yoon Suk Yeol, der zu Anfang seines Wahlkampfes noch um die Stimmen von Frauen warb, entpuppte sich als Antifeminist. Frauen, die sich an seiner Kampagne beteiligt hatten, distanzierten sich von Yoon. Der hat in der Vergangenheit den Feminismus für die niedrige Geburtenrate verantwortlich gemacht und behauptet, es gebe keine Diskriminierung von Frauen. Gewählt wurde Yoon nun vor allem von Männern.
Wahl in Südkorea: Den Beziehungen zu Japan könnte Yoon guttun
Auch im Ausland führt das Wahlergebnis zu Verschiebungen. Den Beziehungen zum ungeliebten Nachbarn Japan, dessen Kolonie Korea bis 1945 war, könnte Yoon dabei guttun. Seit Jahrzehnten streiten die zwei Länder über die Aufarbeitung des Einsatzes koreanischer Zwangsarbeiter:innen und Zwangsprostituierter durch das japanische Militär während des Zweiten Weltkriegs.
Über die vergangenen Jahre spitzte sich die Lage derart zu, dass auch der Handel schwer darunter litt. Der seinerseits erst Ende vergangenen Jahres ins Amt gewählte japanische Premierminister Fumio Kishida hat schon angedeutet, sich auf Gespräche mit Yoon zu freuen.
Anders sieht es mit Nordkorea aus, mit dem sich Südkorea seit dem Ende des Koreakrieges 1953 technisch nur in einem Waffenstillstand befindet. Im Gegensatz zum nun ausgeschiedenen Präsidenten Moon Jae In hält Yoon Suk Yeol wenig von Verständigungsversuchen. Er werde Kim Jong Un „Manieren beibringen“. Auch eine Aufrüstung in Zusammenarbeit mit den USA hat er ins Spiel gebracht.
Eine weitere Richtung, in die Yoon Suk Yeol schwer ausgeteilt hat, ist die seines Amtsvorgängers Moon Jae In. Yoon, der bis zuletzt als Generalstaatsanwalt tätig war, will rechtlich gegen ihn vorgehen. Yoon hat angedeutet, dass sich die Regierung von Moon Jae In, der laut Verfassung nach fünf Jahren im Amt nicht erneut antreten durfte, der Korruption schuldig gemacht habe. Moon gilt allerdings bis jetzt als für Südkorea untypisch sauberer Politiker.
Für den nun gewählten Yoon beginnen damit nicht nur in Sachen Amtsübergabe schwierige Tage. In diversen Angelegenheiten könnte ihm sein populistischer Wahlkampf schon bald auf die Füße fallen.