Machtkampf in Südafrika

Wie ANC-Generalsekretär Magashule einen Wandel in Südafrika sabotiert.
So also sieht die „Morgenröte“ aus, die der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa der Bevölkerung für die Zeit nach den Wahlen versprochen hat: Die Wirtschaft schlittert immer tiefer in die Rezession, als seinen Stellvertreter „musste“ der Präsident einen der Beteiligung an Mordkomplotten und Korruptionsskandalen verdächtigten ANC-Politiker bestellen, in der Regierungspartei selbst ist ein regelrechter Krieg um die Politik der Organisation Nelson Mandelas ausgebrochen.
Hintergrund: In Südafrika wird alle drei Stunden eine Frau ermordet. Sagt die Statistik. Es reicht, sagen die Frauen – und gehen zu Tausenden auf die Straße.
Von dem Stahlbesen, mit dem Ramaphosa die verrottete Partei ausmisten wollte, haben die Südafrikaner bislang nichts wahrgenommen. Stattdessen droht der Saubermann selbst von der Macht gefegt zu werden – zumindest, wenn es nach dem Willen des zweitmächtigsten Funktionärs der Regierungspartei geht: ANC-Generalsekretär Ace Magashule. Er gilt als einer der besten Freunde des geschassten Präsidenten Jacob Zuma. Wie sein einstiger Mentor muss Magashule damit rechnen, irgendwann im Gefängnis zu landen. Das schärft den Sinn und die Waffen, die der 60-jährige Politganove in seinem Kampf zum Einsatz bringt.
Die Freunde Zumas auf den vorderen Rängen
Schon vor der Wahl im Mai, bei der Aufstellung der Liste der ANC-Kandidaten fürs Parlament, ließ der Generalsekretär seine berüchtigte List spielen: Wie durch ein Wunder kamen die Freunde Zumas auf die vordersten Ränge. Dann beteiligte sich der ANC-Boss an der Gründung einer neuen Partei, die Ramaphosas Wahlsieg schmälern sollte. Sie nennt sich sinnigerweise „ATM“ – wie die Bankautomaten, die für Politiker wie Zuma und Magashule dieselbe Funktion wie die Staatskasse haben.
Schließlich manipulierte der Parteiorganisator nach der Wahl einen Beschluss des Nationalen Exekutivrats, des höchsten Gremiums des ANC, um darin seine Forderung nach einer Verstaatlichung der Zentralbank und einer drastischen Vermehrung der Geldmenge unterzubringen. Die Folge war der Absturz der Währung, des Rands, in historische Tiefe – und Angstschweiß auf der Stirn ausländischer Investoren, deren Wohlwollen Ramaphosa verzweifelt zu gewinnen sucht.

Magashules Strategie: Die Bemühungen seines innerparteilichen Erzfeinds für einen Neuanfang des ANC so lange zu frustrieren, bis die Geduld der Bevölkerung, vor allem der Parteigenossen, aufgebraucht ist. Die „Comrades“ auf seine Seite zu bringen, wird dem Generalsekretär nicht allzu schwer fallen, denn in der ehemaligen Befreiungsbewegung hat sich in den vergangenen 25 Jahren eine Mentalität des Raubrittertums etabliert. Der ANC war in 21 Korruptionsskandale verwickelt: Bisher landeten lediglich zwei „Comrades“ vor Gericht und wurden zu lächerlichen Gefängnisstrafen verurteilt.
Kein Zweifel: Cyril Ramaphosa, der ein Freund Nelson Mandelas war und maßgeblich an der Ausarbeitung der Verfassung mitgewirkt hatte, will diese Mentalität verändern. Das kann allerdings nicht mit einem von oben erlassenen Edikt geschehen. Ramaphosas einzige Chance ist, die neu geschaffenen staatlichen Institutionen – auch personell – dermaßen auszustatten, dass sie selbstsüchtige Staatsdiener zur Räson bringen und auf diese Weise schließlich eine Kultur des Dienstes fürs Gemeinwohl schaffen.
Das braucht Zeit und stabile politische Räume. Ob Ramaphosa beides hat beziehungsweise herstellen kann, ist angesichts der turbulenten wirtschaftlichen und politischen Landschaft am „Kap der Stürme“ durchaus fraglich. Es war schon immer komplizierter, etwas herzustellen, als zu zerstören: Insofern hat der Politganove Ace Magashule tatsächlich mehr Asse auf der Hand.