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Südafrika: Im Dunkel der Korruption

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Von: Johannes Dieterich

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Einwohner installieren sogenannte „Bottle Globes“, die Tageslicht aus Plastikflaschen spenden, indem sie Sonnenlicht reflektieren.
Einwohner installieren sogenannte „Bottle Globes“, die Tageslicht aus Plastikflaschen spenden, indem sie Sonnenlicht reflektieren. © AFP

Das Stromnetz steht in Südafrika kurz vor dem Kollaps – eine Energiekrise, die vor allem der in einen Skandal verwickelte Staatskonzern Eskom verantwortet

Das Stromchaos in Südafrika geht weiter. Neue Enthüllungen des scheidenden Eskom-Chef André de Ruyte werfen ein grelles Licht auf den staatlichen Stromkonzern. In einem TV-Interview sagte de Ruyte Eskom sei von vier mafiaähnlichen Organisationen beherrscht und zwei Minister des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) stünden mit denen in Verbindung. Er nannte deren Namen jedoch nicht. Die Machenschaften dieser „Kartelle“ kostet den hochverschuldeten Stromkonzern nach den Worten des 54-jährigen Managers monatlich rund eine Milliarde Rand (200 Millionen Euro): Einer der Gründe, warum Eskom nur noch gut die Hälfte seiner eigentlichen Kapazität produziert. Seit Monaten muss der Strom täglich bis zu zehn Stunden lang abgestellt werden, um einen Zusammenbruch des Netzes zu verhindern – die schwerste Krise, die Südafrika nach seiner Demokratisierung vor 29 Jahren zu bestehen hat.

Die Kartelle unterhalten nach de Ruyter Aussagen auch Killer-Kommandos: Fast jede Woche komme es in Mpumalanga – Südafrikas Kohlegebiet, in dem auch die meisten Kraftwerke stehen – zu einem Mordanschlag. Weil neben hochrangigen Politiker:innen auch Polizeibeamt:innen an den mafiösen Machenschaften beteiligt seien, werde kaum einer der Morde jemals aufgeklärt. Auch de Ruyter selbst sollte Mitte Dezember mit Zyanid im Kaffee vergiftet werden. Von den Kriminellen fehlt jedoch noch immer jede Spur.

Südafrika: Sabotage von Güterzügen

ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula wies die Vorwürfe des Eskom-Chefs inzwischen als „unverantwortlich und grundlos“ zurück und ging seinerseits zum Angriff über: de Ruyter suche lediglich von seinem „totalen Scheitern“ als Eskom-Chef abzulenken. Nach seinem Interview wurde der Manager, dessen Kündigung erst Ende März wirksam werden sollte, fristlos entlassen.

Unterdessen wurden de Ruyters Aussagen von privaten Ermittler:innen bestätigt, die den Vorgängen in Südafrikas Kohlenpott nachgehen und Journalist:innen ihre Erkenntnisse zuspielten. Danach betrügen die Kartelle Eskom auf verschiedene Weise: Sie fingieren etwa den Ankauf von Gerätschaften, der bezahlt wird aber niemals zustande kommt; tauschen hochwertige Kohle in minderwertige um; stehlen Diesel für Generatoren und beschädigen Anlagen, um einem ihrer Mitglieder den Auftrag zu einer überteuerten Reparatur zu verschaffen.

Die Vorgänge um Eskom sind keineswegs die einzigen Anzeichen für die schleichende kriminelle Unterwanderung des Kaps der Guten Hoffnung. Auch das staatliche Transportunternehmen Transnet wird von mafiaähnlichen Organisationen geplündert: Dort kommt es immer wieder zur Sabotage von Güterzügen, die ein Ausweichen auf private, mit den Kartellen verbundene Straßentransportunternehmen nötig machen. Auf den Einfluss korrupter Geschäftsleute sowohl bei Eskom wie in der Bauindustrie hatte bereits die im vergangenen Jahr zu Ende gegangene Untersuchungskommission unter Richter Raymond Zondo hingewiesen, ohne dass die Regierung deren Empfehlung zu einer Entflechtung der Regierungspartei mit den Staatskonzernen folgte.

Südafrika: internationale Ächtung

Vor wenigen Tagen wurde Südafrika auch auf die „graue Liste“ der Financial Action Task Force gesetzt – einer internationalen Kontrollinstanz, die der Geldwäsche und Finanzierung von Terrorgruppen nachgeht. Die Task Force hält Südafrikas Kontrollmechanismen für mangelhaft: Dadurch wird der Geldverkehr ins und aus dem Ausland teurer und zudem werden somit Investitionen abgeschreckt. Präsident Cyril Ramaphosa bezeichnete die internationale Ächtung jedoch als „Chance“ für Südafrika, den Kampf gegen Finanzverbrechen zu stärken.

Dass es tatsächlich dazu kommt, hält der Verfassungsrechtler Pierre de Vos für unwahrscheinlich. Alles weise darauf hin, dass sich die Korruption innerhalb der Regierungspartei dermaßen breitgemacht habe, dass ihre Reformierung ausgeschlossen sei. Der ANC kann zwar beim Urnengang im kommenden Jahr abgewählt werden, aber die Oppositionsparteien sind derart zersplittert und zerstritten, dass auch von Koalitionen – falls sie überhaupt zustande kommen – nichts Gutes zu erwarten ist.

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