Studie: Demokratieskepsis in Uniform

Große Studie belegt Vorurteile in Teilen der Polizei
Mehr als 20 Prozent der Polizistinnen und Polizisten in der Bundesrepublik zweifeln daran, ob die parlamentarische Demokratie „noch die beste Staatsform“ ist. 20 Prozent halten Demonstrationen oft nur für einen „Deckmantel für Menschen, die Krawall machen wollen“. Fast 30 Prozent hegen Bedenken, ob staatlichen Institutionen wie Behörden, Gerichten und Universitäten zu vertrauen ist.
Das sind einige Ergebnisse der größten Polizeistudie, die es bisher in Deutschland gegeben hat. Der 75-seitige Zwischenbericht wurde am Donnerstag von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster veröffentlicht. Er war 2021 vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach hitzigen Diskussionen in Auftrag gegeben worden.
Hintergrund waren das Bekanntwerden rechter Chatgruppen auf Revieren und Vorwürfe von Menschen, die von ihrer rassistischen und diskriminierenden Behandlung durch Polizistinnen und Polizisten berichteten. Seehofers Amtsnachfolgerin Nancy Faeser (SPD) stellte jetzt klar: „Es gibt null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen von Menschenfeindlichkeit“. Jeder derartige Vorfall müsse deutliche Konsequenzen haben.
Die Studie trägt den Titel „Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten“ (Megavo). An ihr hatten sich mehr als 50 000 Polizeibedienstete in allen Bundesländern außer Hamburg und Baden-Württemberg beteiligt. Projektleiterin Anja Schiemann sprach von der „größten Stichprobe im Bereich empirischer Polizeiforschung in Deutschland“. Es gebe in der Polizei zwar nur „eine sehr kleine Gruppe“, die „durchgängig problematische Einstellungen“ zeige, konstatierte sie. Das seien aber „mehr als nur Einzelfälle“. Hinzu komme „eine große Anzahl derjenigen, die sich ambivalent verhalten, also stereotypen, menschenfeindlichen Aussagen nicht eindeutig ablehnend gegenübertreten“. Hier müsse weiter geforscht werden.
Ähnlich wie in der Gesamtbevölkerung lehnen auch unter Polizistinnen und Polizisten große Mehrheiten Statements ab, die auf Antisemitismus oder andere Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit schließen lassen. Doch es gibt auch andere Stimmen. So geben 17 Prozent der befragten Polizeibediensteten an, sie hätten „Probleme damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend aufhalten“. Ebenso viele stellen fest, sie fühlten sich „durch die vielen Muslime“ manchmal wie ein Fremder im eigenen Land. Bei beiden Fragen kommen jeweils mehr als 20 Prozent hinzu, die sich nicht festlegen wollen.
Zwei Bereiche wurden von der Forschungsgruppe identifiziert, in denen Polizistinnen und Polizisten stärker zu menschenfeindlichen Positionen tendierten als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das betreffe Muslimfeindlichkeit und Vorurteile gegenüber Wohnungslosen.
Polizist:innen hätten bestätigt, dass sich die Wahrnehmung bestimmter Gruppen „besonders in Brennpunktwachen durch wiederholt erlebte kritische Situationen“ verändern könne, heißt es in dem Bericht. Helfen könne „ein guter Zusammenhalt und Austausch in den Dienstgruppen“.