Stark-Watzinger besucht Taiwan: Eine Reise, die in China nicht gut ankommt

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger ist seit langem das erste Kabinettsmitglied, das Taiwan besucht. Eine heikle Reise.
Reisediplomatie in Verbindung mit Taiwan hat immer etwas Hochpolitisches. Die Reise von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu dem Inselstaat, der von der Volksrepublik China als abtrünnig betrachtet wird, zieht deshalb besondere Aufmerksamkeit nach sich. Stark-Watzinger ist am Montag zu ihrem zweitägigen Besuch aufgebrochen, offiziell um Kooperationen in Forschung und Bildung auszuloten.
Dabei geht es um mehr: Die Bildungsministerin ist seit den Neunzigerjahren des vorherigen Jahrhunderts das erste Kabinettsmitglied, das offiziell in die Hauptstadt Taipeh zu politischen Gesprächen reist. Damals war es der verstorbene Wirtschaftsminister Günter Rexrodt, wie Stark-Watzinger ein Freidemokrat, der sich über Proteste Chinas hinwegsetzte. Auffällig ist das Interesse der FDP für Taiwan: Im Januar hielt sich die Verteidigungspolitikerin Agnes Strack-Zimmermann zu Gesprächen in Taipeh auf - unter den kritischen Augen Pekings. Im Falle Stark-Watzingers ließ die chinesische Botschaft in Berlin nicht lange auf ihren Protest warten, verbunden mit der Mahnung, „sich ohne Abstriche an das Ein-China-Prinzip“ zu halten.
Die Ein-China-Politik lässt im politischen Alltag ranghohe Kontakte zu Taiwans Regierung nicht zu. Ein Bruch dieser Praxis erfreut zwar die gegenwärtige Regierung in Taiwan, die angesichts von Chinas Drohungen, sich den Inselstaat wenn nötig gewaltsam einzuverleiben, derzeit verstärkt auf Partnersuche ist. In diplomatischen Kreisen Taiwans ist von einem „Testballon“ die Rede. Denn auch in der deutschen Politik gibt es viele kritische Stimmen, die eine Provokation Pekings durch den ranghohen Besuch einer deutschen Ministerin für unnötig oder sogar fahrlässig halten.
Solche Stimmen sind besonders deutlich aus der SPD-Bundestagsfraktion zu hören. Der SPD-Kanzler Olaf Scholz ist bemüht, das Verhältnis zu China trotz des Ukraine-Krieges, der selbstbewussten Machtpolitik des chinesischen Präsidenten Xi Jinping sowie der gegenwärtigen geostrategischen Lage nicht weiter verschlechtern zu lassen.
Die schwierige Reisediplomatie ist aber nicht nur Sache ausländischer Staaten, sondern wird auch innenpolitisch heiß diskutiert. Der frühere taiwanische Präsident Ma Ying-jeou will in der kommenden Woche nach China reisen. Er ist damit der erste ehemalige oder amtierende taiwanische Staatschef, der die Volksrepublik besucht - ein Novum, das Kritik hervorruft.
Ma ist Mitglied der taiwanischen - und im Vergleich zur Regierung chinafreundlichen - Oppositionspartei Kuomintang und Vorgänger von Präsidentin Tsai Ing-wen von der chinakritischen Demokratischen Fortschrittspartei. Tsai regiert seit 2016. Mas Reise hat mit der Präsidentschaftswahl 2024 zu tun: Die Volksrepublik rollt Taiwans Opposition den roten Teppich aus, in der Hoffnung, dass diese im nächsten Jahr die Wahl gewinnt.