1. Startseite
  2. Politik

„Ruhm der Ukraine“: Soldat für Satz erschossen? Kiew präsentiert mutmaßliche Identität des Opfers

Erstellt:

Von: Patrick Mayer

Kommentare

Ein Video sorgt für Entsetzen: Russische Einheiten sollen einen ukrainischen Kriegsgefangenen hingerichtet haben.
Ein Video sorgt für Entsetzen: Russische Einheiten sollen einen ukrainischen Kriegsgefangenen hingerichtet haben. © Screenshot Twitter@Serhii Sternenko

Bei Twitter kursiert ein Video, das zeigen soll, wie ein mutmaßlich ukrainischer Kriegsgefangener unbewaffnet im Schützengraben erschossen wird. Kiew will nun die Identität des Mannes geklärt haben.

München/Kiew - Bewaffnete Konflikte werden schon immer von Legenden und Geschichten über Märtyrer begleitet. Im Ukraine-Krieg gab es zum Beispiel die Erzählung vom „Geist von Kiew“ - einem angeblichen ukrainischen Kampfjet-Piloten, der reihenweise russische Flugzeuge vom Himmel geholt haben soll.

Ukraine-Krieg: Video über angebliche Hinrichtung eines Kriegsgefangenen kursiert

Die ukrainischen Streitkräfte sahen sich schließlich veranlasst, die Legende aufzulösen. Denn: Den angeblichen „Geist von Kiew“ gab es nie. Es ist ein Beispiel dafür, wie schwer sich Berichte und Videos über die Kämpfe zwischen ukrainischen Verteidigern und russischen Angreifern verifizieren lassen, die derzeit ihren härtesten Frontabschnitt bei Bachmut im Donbass haben.

Kiew bekräftigte nun, dass sich jenes wirklich zugetragen hat, was auf einem schockierenden Video zu sehen war, das am Montag (6. März) in den sozialen Medien viral ging. Die Bildsequenz soll mutmaßlich die Hinrichtung eines ukrainischen Soldaten durch russische Besatzer zeigen. Laut ukrainischen Streitkräften ist wohl die Identität des Mannes geklärt.

Im Video: Kompakt - Die wichtigsten News zum Russland-Ukraine-Krieg

Demnach soll es sich um Oleksandr Matsievsky vom 163. Artillerie-Bataillon der 119. separaten Brigade der Territorialverteidigung aus der Region Tschernihiw handeln. Davon berichten unter anderem die internationale Nichtregierungsorganisation „Ukrainian World Congress“ auf ihrer Website sowie das oppositionelle belarussische Nachrichtenportal Nexta. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

Video über mutmaßliche Hinrichtung von Kriegsgefangenen: Waren es russische Soldaten?

Der Fall hatte wegen der dargestellten Grausamkeit große Anteilnahme ausgelöst. Am Anfang des Videos ist ein Befehl zu hören, der Mann solle seine ukrainischen Schulterabzeichen abnehmen, die zu sehen sind. Darauf antwortet der angebliche ukrainische Soldat namens Matsievsky, der rauchend und unbewaffnet in einem Schützengraben steht: „Slawa Ukrajini!“ Zu Deutsch: „Ehre der Ukraine!“ Unmittelbar darauf wird er offenbar mit mehreren Schüssen erschossen. Angeblich von russischen Soldaten, was auf die Stimmen im Hintergrund zurückzuführen sein soll.

Der Besatzer tötet nur für die Tatsache, dass wir Ukrainer sind.

Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

„Einen unbewaffneten Gefangenen zu erschießen, ist eine zynische und dreiste Missachtung der Normen des humanitären Völkerrechts und der Kriegsbräuche. Das tun wertlose Mörder, nicht Krieger. Die russischen Besatzer haben erneut bezeugt, dass ihr Hauptziel in der Ukraine die brutale Vernichtung der Ukrainer ist“, erklärte der ukrainische Generalstab in einer Stellungnahme zu dem Video.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilte mit: „Der Besatzer tötet nur für die Tatsache, dass wir Ukrainer sind. Nur ein Wort zur Ukraine. Für unseren Traum von der Ukraine. Wir werden jeden Schuss der Besatzer gegen die Ukraine beantworten, die Antwort für jede Bosheit gegen die Ukrainer geben.“

Ukraine-Krieg: Werden Kriegsgefangene vereinzelt erschossen?

Zur Einordnung: Die Behandlung von Kriegsgefangenen ist international in Artikel 3 der sogenannten „Genfer Konventionen“ geregelt, die erstmals 1864 zwischen zwölf Staaten beschlossen wurden. Das Russische Kaiserreich (Zarenreich) hatte die erste Konvention 1867 unterzeichnet.

Artikel 3 der „Genfer Konventionen“ (Auszug):

„Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache außer Kampf gesetzt wurden, sollen unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Farbe, der Religion oder des Glaubens, des Geschlechts, der Geburt oder des Vermögens oder aus irgendeinem ähnlichen Grunde.“

In der Vergangenheit waren im Ukraine-Krieg ebenfalls Videos aufgetaucht, in denen zu sehen sein soll, wie ukrainische Soldaten russische Gefangene erschießen. Moskau hatte dies als mutmaßliche Kriegsverbrechen kritisiert. Auch in diesen Fällen ließ sich die Echtheit nicht unabhängig überprüfen. (pm)

Auch interessant

Kommentare