Söder, der AKW-Freund

Wenn es politisch Vorteile bringt, rettet der bayrische Ministerpräsident Markus Söder Bienen und Bäume. Dass er auch AKWs retten will, ist populistisch, findet Kolumnist Joachim Wille.
Markus Söder ist nicht wählerisch. Er umarmt alles Mögliche, wenn er glaubt, dass es ihm politisch nützt. Einen Baum zum Beispiel, wenn er den „Öko“ geben will, um die in Umfragen erstarkten Grünen klein zu halten. Die Freien Wähler als Juniorpartner in der Regierung, wenn es ihm als die einfachste Lösung erscheint, um weiterregieren zu können. Und nun: Atom-Brennstäbe.
Bayerns CSU-Ministerpräsident hat die Abschaltung der letzten drei AKW hierzulande als „schweren Fehler“ bezeichnet und will den Reaktor Isar 2 bei Landshut in Landesregie weiterbetreiben. Wie genau er das anstellen will, ließ er allerdings offen. Die Zuständigkeit dafür liegt grundsätzlich beim Bund. Technisch freilich wäre es möglich. Bis der Rückbau des Atomkraftwerks beginnen kann, dürfte es Anfang 2024 werden. So lange könnte Söder den Schalter dort wieder umlegen, anders als bei den zuletzt vom Netz genommenen bayerischen Reaktoren in Gundremmingen und Grafenrheinfeld. Deren Abbau ist schon zu weit fortgeschritten.
Söder gibt den Populisten. Kennt man ja. 2011, als der Super-GAU in Fukushima geschah, wurde er, damals Umweltminister, vom AKW-Freund zum glühenden Befürworter des Ausstiegs. Die hiesigen Reaktoren seien zu gefährlich. Noch vor zwei Jahren bestätigte er das. Jetzt hält er den Wiedereinstieg für „drei, vier, fünf Jahre“ für nötig. Und der Atommüll? „Das bisschen“, das dann in dieser Zeit anfiele, sei „keine echte Herausforderung“, meint Söder. Ein Endlager will er in seinem Land trotzdem nicht haben. Denn es könne „ja nicht sein, „dass Bayern den Müll dann der anderen“ übernehme. Lieber sollen die anderen wohl den bayerischen übernehmen.
Söder weiß selbst, dass sein Vorschlag zu Isar 2 keine Chance hat, weil der Bund nicht mitspielt. Der wirkliche Hintergrund seines Vorstoßes ist wohl: Er will eher davon ablenken, dass Bayern die Energiewende im vergangenen Jahrzehnt nach Kräften ausgebremst hat, vor allem beim Ausbau der Windkraft und beim Bau der Hochspannungsleitungen, die Strom aus Norddeutschland in das südliche Bundesland bringen sollen. Inzwischen scheint sich das zu ändern. Zumindest will Bayerns Regierung die Zahl der Windkraftanlagen in den nächsten Jahren deutlich hochfahren, und die Stromtrassen bekommen nun ihre Unterstützung. Für eine echte Energiewende reicht das noch nicht. Aber vielleicht umarmt Söder ja nun bald das erste Windrad.