Warum Scholz in den USA schweigt - und einen Rüffel von Biden fürchten muss

Olaf Scholz reist in die USA zu einem Gespräch mit Joe Biden. Hauptthema ist der Ukraine-Krieg - zuletzt gab es Spannungen zwischen den Partnern.
Washington, D.C. - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist von Donnerstag bis Samstag (2. bis 4. März) in die USA, um dort ein Vieraugengespräch mit US-Präsident Joe Biden zu führen. Bei dem Treffen am Freitag im Weißen Haus wird es vor allem um die gemeinsame Unterstützung Kiews im Ukraine-Krieg gehen. Es ist bereits der zweite Besuch für Scholz in Washington D.C. als Kanzler: Anfang Februar 2022 flog er zum Antrittsbesuch in die USA.
In den vergangenen Monaten war immer wieder der Eindruck von Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und Deutschland entstanden. Diesmal hat der Kanzler keine Journalisten aus Berlin dabei - und auch eine Pressekonferenz wird es nicht geben. Das ist untypisch für einen solchen Arbeitsbesuch, der normalerweise medial begleitet wird. Der Kanzler wolle die Zeit im Weißen Haus „möglichst brutto nutzen“, sagte sein Sprecher Steffen Hebestreit zur Begründung. Ein Hinweis auf mögliche Probleme in den transatlantischen Beziehungen sei das aber nicht: „Ich habe das Gefühl, dass das deutsch-amerikanische Verhältnis sehr gut ist“, beteuerte Hebestreit.
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Ukraine-Krieg: Kampfpanzer-Lieferung nur auf Druck Deutschlands? USA missgestimmt
Vor diesem Hintergrund gibt es also viel Gesprächsbedarf bei Scholz und Biden. Unter anderem beim Thema Kampfpanzer für die Ukraine hatte es gewaltig geknirscht - und erst vor wenigen Tagen riss Bidens nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan kaum verheilte Wunden auf. Sullivan sagte am Sonntag (26. Februar) in einem Fernsehinterview mit überraschender Offenheit, die USA hätten der Ukraine nur Kampfpanzer vom Typ Abrams zugesagt, weil Deutschland sonst keine Leopard-2-Panzer bereitgestellt hätte.
Das Thema hatte im Januar für transatlantische Verstimmungen gesorgt. Medienberichten zufolge hatte Scholz Biden in einem Telefonat klargemacht, dass Deutschland nur dann Leopard-2-Panzer liefern wird, wenn die USA der Ukraine Abrams-Kampfpanzer zur Verfügung stellt, die Washington im Ukraine-Krieg eigentlich für militärisch ungeeignet hält. Berlin bestritt diese Darstellung: Es habe zu keinem Zeitpunkt eine solche Verknüpfung geben, sagte Regierungssprecher Hebestreit. Die US-Seite war aber alles andere als begeistert, dass es öffentlich so wirkte, als werde sie von Deutschland unter Druck gesetzt.
Panzer-Unstimmigkeiten mit Biden: Ärger für Scholz?
Sullivan klang am Sonntag im Fernsehen nun so, als hätte Biden einen störrischen Partner in die richtige Richtung geschubst. „Die Deutschen haben dem Präsidenten gesagt, dass sie nicht bereit sind, diese Leoparden in den Kampf zu schicken (...), bis der Präsident zustimmt, Abrams zu schicken“, so Bidens oberster Sicherheitsberater im Sender ABC. „Der Präsident hat gesagt: ‚Okay, ich werde der Anführer der freien Welt sein. Ich werde in Zukunft Abrams schicken, wenn ihr jetzt Leoparden schickt.‘“
Angesichts dessen könnte Biden noch ein Wörtchen mit dem Bundeskanzler zu reden haben. Jörn Fleck von der Denkfabrik Atlantic Council ist der Meinung, die US-Regierung werde dabei ihre „Unzufriedenheit“ über das deutsche Vorgehen deutlich machen. Grundsätzlich aber seien beide Regierungen bei der „bedeutenden Unterstützung für die Ukraine“ weitgehend auf einer Linie. „Beide verstehen, dass es keine Alternative zu einer Unterstützung der Ukraine gibt. Zugleich sind beide vorsichtig - in den Augen mancher zu vorsichtig - angesichts einer möglichen Eskalation mit Russland.“
Scholz in den USA: Auch China ein wichtiges Thema
Für die Zukunft könnten die Lehren aus dem Panzer-Streit helfen, ähnliche Konflikte zu vermeiden, sagte Jeffrey Rathke, der Präsident des Amerikanischen Instituts für deutsche Gegenwartsstudien (AICGS) in Washington. Denn eine enge Abstimmung zwischen Berlin und Washington im Ukraine-Krieg wird auf absehbare Zeit weiter von größter Wichtigkeit sein, etwa bei der Umsetzung der Panzerlieferungen, bei anderen Waffenhilfen und bei der Frage einer möglichen künftigen Lieferung von Kampfflugzeugen. „Für dieses Weiße Haus führen die meisten Wege nach Europa durch Berlin“, sagt Fleck. „Für Scholz und sein Kanzleramt führen alle Wege der Unterstützung für die Ukraine durch Washington.“
Neben der Unterstützung des Westens für die Ukraine soll es auch um andere Sicherheitsfragen gehen. Auch im Umgang mit China, das auch in dem Krieg eine zunehmend wichtige Rolle spielt, ist eine enge Koordinierung der Entscheidungen im Kanzleramt und im Weißen Haus unentbehrlich.
Laut einem Bericht sprechen die USA wohl mit engen westlichen Verbündeten über die Möglichkeit neuer Sanktionen gegen China. Dabei gehe es um Maßnahmen für den Fall, dass China Russland im Krieg gegen die Ukraine militärisch unterstütze, sagten mehrere Regierungsbeamte der Nachrichtenagentur Reuters. Chinas Position im Ukraine-Krieg scheint im Moment undurchsichtig. (ale)