Erfolg der Kommunistischen Partei in Salzburg: „Protest muss nicht immer rechtsradikal sein“

Österreichs Kommunistische Partei schneidet bei Landtagswahl zweistellig ab. Es ist ein Erfolg für die Roten, die die Zukunft der Stadt kräftig mitgestalten könnten.
Salzburg – Die Bilder am Sonntagabend aus dem Salzburger Musikclub Jazzit zeigen sehr viele lauthals jubelnde Menschen. Auffällig ist, wie jung die meisten von ihnen sind. Doch hier ist keine Club-Party, es feiern die Kommunist:innen ihren Wahlerfolg im österreichischen Bundesland Salzburg.
Das ist die Sensation dieser Landtagswahl: Die Kommunistische Partei Österreichs – KPÖ – kommt wie aus dem Nichts auf 11,7 Prozent der Stimmen. 2018 waren es noch gewohnte 0,4 Prozent. In der Stadt Salzburg mit ihren 160 000 Einwohner:innen erreicht die als „KPÖ plus“ angetretene Gruppe gar knapp 22 Prozent und liegt dort auf Platz zwei hinter der konservativen ÖVP.
Seit 1949 ist die KPÖ damit erstmals wieder im Salzburger Landtag vertreten, und das mit gleich vier Parlamentarier:innen. Neuer Star der Kommunisten ist der 34-jährige Historiker und Museumsführer Kay-Michael Dankl. Er sagt, die regierende ÖVP brauche „ein starkes Gegenüber“. Hauptthema von KPÖ plus sind Verbesserungen beim Wohnen in dem Bundesland mit hohen Mietpreisen.
Salzburg-Wahl: Kommunistische Partei positioniert sich klar
So sagt die Listenplatz-Zweite Natalie Hangöbl, 31 Jahre alt, im ORF: „Unsere Rolle ist Opposition.“ Zum Wohnen habe die Partei im Wahlprogramm eine Liste mit 69 Vorschlägen gemacht. Die Kommunist:innen geben sich als Kümmerer und machen etwa kostenfreie Mietberatung, Chef Dankl ist selbst auch immer wieder mit dabei.
Salzburg ist nicht ausgeprägt konservativ, hat aber auch nie sehr mit Rot sympathisiert. Die Stadt und ihre Umgebung sind ziemlich wohlhabend und geben ein beschauliches bis nobles Erscheinungsbild ab. Die Festspiele und Sehenswürdigkeiten wie das Mozart-Geburtshaus machen Salzburg zur Kulturstadt und zum touristischen Hotspot.
Unangefochten in Salzburg: ÖVP bleibt auf Platz eins
Bei der Wahl schnitten die anderen Parteien wie erwartet ab: Die ÖVP blieb mit 30,4 Prozent auf Platz eins, verlor aber sieben Punkte. Diese gewann die rechtspopulistische FPÖ (25,7) hinzu, die SPÖ verlor leicht bei 17,9 Prozent, ebenso wie die Grünen (8,2). Die linksliberalen Neos wurden mit 4,2 Prozent aus dem Parlament katapultiert. Die Regierungsbildung läuft wahrscheinlich auf Schwarz-Rot oder Schwarz-Rot-Grün hinaus.
Innerhalb eines Monats muss es in der Wählermeinung einen regelrechten Hype um die KPÖ plus gegeben haben. Noch Ende März lag die Partei in Umfragen bei sechs Prozent, was Kay-Michael Dankl aber damals als sehr hochgegriffen ansah. Laut Demoskopen kommen die Wähler:innen von überall her, zur Hälfte aber in gleichen Teilen von SPÖ und Grünen.
Unzufriedenheit mit Schwarz-Grün: „Protest muss nicht immer rechtsradikal sein“
Viele Bürger:innen sind mit der schwarz-grünen Bundesregierung ebenso unzufrieden wie mit der zerstrittenen SPÖ. Die Wiener Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl sagt im Gespräch mit dieser Zeitung: „Die Wahl zeigt, dass Protest nicht immer rechtsradikal sein muss.“ Die KPÖ sei sehr geschickt in jene Wohnviertel und Gegenden des Landes gegangen, in denen es zuvor viele Nichtwähler:innen gegeben hat.
Der alte wie wohl auch neue Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) klagt, die Wahl habe „die extremen politischen Ränder gestärkt“. Wer die neuen Salzburger Kommunist:innen sind, ist klar: Dankl und seine Mitstreiter kommen weitgehend von den einstigen Jungen Grünen. Aufgrund permanenten Streits wurden diese 2017 aus der Bundespartei ausgeschlossen.
Das errötende Salzburg hat ein Vorbild: In Graz regiert seit eineinhalb Jahren die KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr, auch im Landtag der Steiermark ist die Partei vertreten. Laut Eigenauskunft setzen die Kommunist:innen dort auf praktische Politik und spenden einen Teil ihrer Bezüge für Bedürftige. Verquaste altlinke Theoriestreitereien oder „alternative“ Sichten auf Putin oder Corona scheinen die Neo-Kommunist:innen hingegen bisher nur wenig zu belasten.