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Pläne für neue Partei: So gibt Wagenknecht der Linken den Todesstoß

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Von: Fabian Hartmann

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Demonstration für Verhandlungen mit Russland
Sahra Wagenknecht, hier bei der Friedensdemonstration in Berlin, könnte bald eigene Wege gehen. © Monika Skolimowska/dpa

Sahra Wagenknecht liebäugelt damit, eine eigene Partei zu gründen. Ein Meinungsforscher ist skeptisch. Was sie aber schaffen könnte: Die Linke endgültig zu versenken.

Berlin – Zumindest eine Entscheidung hat Sahra Wagenknecht bereits getroffen. Ihre Zeit als Berufspolitikerin bei der Linken neigt sich dem Ende entgegen. Eine erneute Bundestags-Kandidatur für die Partei, der sie noch angehört, hat sie ausgeschlossen. Es ist der vorläufige Höhepunkt eines monatelangen, wenn nicht gar jahrelangen Entfremdungsprozesses. Wagenknecht und die Linke: Das passt einfach nicht mehr.

Über allem schwebt nun die Frage: Wie geht es weiter, was hat Wagenknecht vor? Die umstrittene Noch-Linke bleibt kryptisch: Sie werde sich aus der Parteipolitik zurückziehen, „oder es ergibt sich politisch etwas Neues“, sagte Wagenknecht der Rheinpfalz. Über eine mögliche Parteigründung werde „an vielen Stellen diskutiert“.

Umfrage: 19 Prozent der Wähler können sich Stimme für Wagenknecht-Partei vorstellen

Es ist kein Geheimnis, dass die wohl bekannteste Politikerin der Linken schon länger über diesen Schritt nachdenkt. Neuen Auftrieb erhalten die Spekulationen durch eine Focus-Umfrage, wonach sich 19 Prozent der Wähler vorstellen könnten, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. Doch tun sie es auch? Manfred Güllner ist skeptisch. Er ist Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa und sagt: „Ich halte es für fraglich, ob eine Wagenknecht-Partei überhaupt die 5-Prozent-Hürde überspringt“.

Aus Sicht von Güllner ist es ein großer Unterschied, ob man sich theoretisch vorstellen könne, eine Partei zu wählen. Und ob man es am Ende in der Wahlkabine auch tatsächlich tue. „Im Wählerpotential drückt sich auch immer ein gewisser Unmut über andere Parteien aus“, sagte Güllner dem Münchner Merkur. Was außerdem – nicht nur im Fall von Wagenknecht – gilt: Auch das Wählerpotential der etablierten Parteien – also ob sich Wähler vorstellen könnten, Partei A oder B zu wählen – ist deutlich größer als ihr Stimmanteil bei Wahlen.

Forsa-Chef Güllner: „Ich sehe nicht, dass eine weitere Partei gebraucht wird“

„Ich sehe nicht, dass eine weitere Partei gebraucht wird“, sagte Forsa-Chef Güllner unserer Redaktion. Zumal die politische Verortung einer Wagenknecht-Partei schwierig sei. Vor allem bei Wählern der Linken und der AfD finde sie Zuspruch.

Wagenknechts Positionen sind ein wildes Sammelsurium – und liegen oft quer zur Linie der Linken. In der Corona-Krise äußerte sie sich impfskeptisch. Sie ist für den Sozialstaat und gegen zu viel Migration. Sie wettert gegen Identitätspolitik, „Wokeness“, Gendern – gegen die Themen der vermeintlichen Großstadt-Linken – und warnt vor strengem Klimaschutz. Im Ukraine-Krieg tut sie sich schwer damit, Russland als Aggressor zu bezeichnen. Denn auch die Nato trage Schuld. Von Waffenlieferungen an Kiew hält sie nichts. Lässt sich daraus ein Parteiprogramm formen?

„Es ist eine Mixtur, die nicht trägt“, sagt Meinungsforscher Güllner. Wagenknecht stehe an der Schnittstelle zwischen Links- und Rechtsaußen. Oder mit anderen Worten: im Abseits. Es ist letztlich egal, ob Wagenknecht nun eine rechte Linke oder eine linke Rechte ist. Sollte sich die frühere Fraktionsvorsitzende der Linken aber entscheiden, eine eigene Partei zu gründen, könnte das nicht nur der AfD Stimmen abgraben, es würde auch – O-Ton Güllner – „den Tod der Linkspartei“ bedeuten.

Wagenknecht contra Linke: Vize-Chefin wirft ihr vor, „gegen die Partei zu hetzen“

Dort sieht man das Treiben des prominenten Mitglieds zumindest in weiten Teilen kritisch. Vize-Parteichefin Katina Schubert sagte der dpa, dass Wagenknechts Geschäftsmodell darin bestünde, „gegen die Partei zu hetzen“ und „von der Seitenlinie Leute zu diffamieren und schlecht zu machen“.

Doch Wagenknecht hat auch Fürsprecher in der Partei. Via Twitter sprang ihr der frühere Linken-Chef und heutige Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst zur Seite. Er postete eine Grafik mit dem Wählerpotential einer Wagenknecht-Partei und schrieb: „Der Zuspruch, den Sahra Wagenknecht erfährt, zeigt uns aber: Wohlstand, Gerechtigkeit & Frieden sind Themen, die immer hoch im Kurs stehen werden. Oder geht‘s mit der Parteiführung in den Niedergang?“.

Dabei befindet sich die Linke – heillos zerstritten, ohne Machtperspektive und von Mitgliederschwung und Wahlniederlagen gezeichnet – schon längst im Niedergang. Die Frage, die noch offen ist, lautet vielmehr: Ist es Sahra Wagenknecht, die ihrer Partei den finalen Todesstoß versetzt?

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