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Sänger Xavier Naidoo kann als Antisemit bezeichnet werden

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Von: Ursula Knapp

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Xavier Naidoo
Xavier Naidoo teilt hart aus. Das Gericht sagt, er müsse eine scharfe Erwiderung auch hinnehmen. © Alexandra Wey/dpa

Eine Mitarbeiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung ist vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich: Xavier Naidoo darf als Antisemit bezeichnet werden.

Karlsruhe - Entgegen früherer Urteile kann der Popmusiker Xavier Naidoo als Antisemit bezeichnet werden. Gegenteilige Urteile, die die Äußerung bisher untersagten, hob das Bundesverfassungsgericht jetzt auf. Damit hatte die Verfassungsbeschwerde einer Mitarbeiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung Erfolg. Die Stiftung engagiert sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.

Die Fachreferentin hielt im Sommer 2017 einen Vortrag zum Thema „Reichsbürger – Verschwörungsideologie mit deutscher Spezifik“. In der anschließenden Diskussion äußerte sie: „Ich würde ihn (Naidoo) zu den Souveränisten zählen, mit einem Bein bei den Reichsbürgern. Er ist Antisemit, das darf ich, glaub ich, aber gar nicht so offen sagen, weil er gerne verklagt. Aber das ist strukturell nachweisbar.“

Nach Klage von Xavier Naidoo: Bundesverfassungsgericht widerspricht alten Urteilen

Xavier Naidoo verklagte sie tatsächlich und hatte damit vor dem Landgericht Regensburg und dem dem Oberlandesgericht Nürnberg Erfolg. Der Vorwurf sei nicht belegt und verletze die Persönlichkeitsrechte eines in der Öffentlichkeit stehenden Sängers schwer, hieß es zur Begründung. Eine Kammer des Ersten Senats entschied nun einstimmig, dass die Urteile gegen die Meinungsfreiheit der Referentin verstoßen. Die Annahme, ein in der Öffentlichkeit stehender Sänger sei durch den Vorhalt des Antisemitismus besonders schwerwiegend getroffen, bezeichneten die Verfassungsrichter als „relevant fehlerhaft“.

Die Referentin habe nicht private Interessen verfolgt, sondern am öffentlichen Meinungskampf teilgenommen. Außerdem gebe es ein Recht zum Gegenschlag. „Wer im öffentlichen Meinungskampf zu einem abwertenden Urteil Anlass gegeben hat, (muss) eine scharfe Reaktion auch dann hinnehmen, wenn sie das persönliche Ansehen mindert“, heißt es in der Entscheidung wörtlich.

Bundesverfassungsgericht zitiert in Begründung Texte von Xavier Naidoo

Die Dreier-Kammer zitiert dazu ausführlich Naidoo-Texte und Aktivitäten. In einem seiner Lieder heißt es wörtlich: „Baron Totschild gibt den Ton an und er scheißt auf euch Gockel“. 2014 hielt Naidoo eine Rede bei einer Versammlung sogenannter Reichsbürger vor dem Reichstag. Im Interview mit einer Zeitschrift im Jahr 2015 äußerte er sich dazu, ob es berechtigt sei, Deutschland für besetzt zu halten. Xavier Naidoos Äußerungen waren unter anderem Gegenstand eines Berichts des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus im Deutschen Bundestag.

Die Urteile aus Regensburg und Nürnberg wurden aus einem weiteren Grund aufgehoben. Der im Kontext gesagte Satz „das ist strukturell nachweisbar“ sei keine Tatsachenbehauptung, die bewiesen werden müsse, sondern eine Meinungsäußerung. Der Fall wurde an das Landgericht Regensburg zurückverwiesen. (AZ: 1 BvR 11/20) (Ursula Knapp)

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