Putins „Kriegskorrespondenten“: Wer sind die russischen Militärblogger?
Russische Militärblogger wie der verstorbene Wladlen Tatarski gewinnen in Russland zunehmend an Bedeutung. Oft haben sie prorussisch Ansichten.
München – In St. Petersburg kam ein russischer Kriegsblogger am Sonntag (02. April) durch eine Explosion ums Leben. Bei dem Blogger handelte es sich um Wladlen Tatarski, der dem Kreml nahestand. Neben ihm gibt es weitere Militärblogger, die über das Kriegsgeschehen in der Ukraine schreiben. Über Telegram verbreiten sie ihre Informationen, die oftmals detaillierte sind als die Nachrichten der herkömmlichen russischen Medien. Doch wer sind diese Menschen überhaupt?
Russische Militärblogger: Wer sind die Kriegskorrespondenten?
Militärblogger nehmen in Russland immer mehr an Bedeutung zu. Es soll laut einem Bericht des Institute for the Study of War (ISW) aus dem November 2022 über 500 Autoren geben. Sie verfolgen das Kriegsgeschehen aus einer prorussischen Sichtweise und pflegen Beziehungen zu russischen Streitkräften, wie etwa der Wagner-Gruppe. Ganz unabhängig sind bekannte Blogger allerdings nicht. Manche von ihnen stehen in Verbindung mit russischen Medien und dem Kreml, wie das ISW schreibt.

Der Blogger „Rybar“ betreibt einen der erfolgreichsten Telegram-Kanäle und ist ein ehemaliger Angestellter des russischen Verteidigungsministeriums. Andere Militärblogger arbeiten als Korrespondenten für staatliche russische Medien wie Komsomoslkaja Prawda, Ria und RiaFan wo sie auch über den Ukraine-Krieg berichten.
Russische Kriegsblogger teilen Linie des Kremls – und kritisieren auch Kommandeure
Der bekannte Militärblogger und Korrespondenten für Komsomoslkaja Prawda, Alexander Kots, seit November ein Mitglied des russischen Menschenrechtsrates sein, wie das ISW berichtete. Er soll einer der Ersten gewesen sein, die nach dem Anschlag auf Tatarski die Ukraine dafür verantwortlich machte und folgte dabei dem Narrativ des Kremls. Mittlerweile wird auch die russische Opposition für den Anschlag verantwortlich gemacht.
Die Meinung des Kremls teilen die Blogger nicht immer. Manche von Ihnen kritisieren die Kriegsführung, allen voran die russischen Kommandeure, wie die BBC schreibt. Das soll etwa der Fall gewesen sein, als Hunderte Soldaten bei einem Raketenangriff in der Donbass-Stadt Makijiwka getötet wurden. Einer der lautesten Stimmen war Semen Pegov, der als „War Gonzo“ bloggt und mehr als 1,2 Millionen Abonnenten auf Telegram hat. Nach dem Angriff warf er Moskau vor, „offen versucht zu haben, der Schuld auszuweichen“, wie die BBC ihn zitiert.
Russlands „Kriegskorrespondenten“: Kreml versucht Einfluss zu nehmen
Boris Rozhin, auch „Colonel Cassad“ bekannt, folgen etwa 800.000 Abonnenten auf Telegram. Laut BBC beschrieb er die russischen Kommandeure als „inkompetent und unfähig“, die Kriegsfolgen zu verstehen. Die Kriegsblogger sind auch dafür bekannt, immer etwas mehr Informationen zu teilen als der Kreml. So war es Jewgeni Poddubny, der für den staatlichen Fernsehsender Rossija 1 arbeitet und im Juli aus dem Donbass berichtete, dass die Söldner-Gruppe Wagner das Kraftwerk „befreit“ hätte, wie die BBC schreibt. Bis dato berichteten russische Medien nie von der Wagner-Gruppe und leugneten ihre Teilnahme am Ukraine-Krieg.
Aufgrund der Reichweite der Blogger versuchen russische Beamte an Einfluss zu gewinnen. „Die russische Präsidialverwaltung und das Verteidigungsministerium versuchen, manche auch mit bezahlten Posts unter Kontrolle zu bringen, wenn sie das Militär zu stark kritisieren“, erklärte der Politikwissenschaftler und Russlandexperte am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg, Fabian Burkhardt, dem SRF. „Zahlreiche russische Figuren und Gruppen versuchen also, diese ‚neue Öffentlichkeit‘ der Militärblogger zu kontrollieren und zu beeinflussen“, sagte Burkhardt. Die Blogger können dabei helfen, den russischen Angriffskrieg zu rechtfertigen. (vk)